Wird Ibiza-Ausschuss zum „Polittheater“?
Kommt ein zweiter Lockdown? Was ist am Ibiza-Ausschuss auszusetzen? ÖVP-Klubchef August Wöginger im Gespräch.
Kommt ein zweiter Lockdown? ÖVP-Klubchef August Wöginger gibt im SN-Interview Antwort und bezieht Stellung, warum beim Ibiza-Untersuchungsausschuss ein absoluter „Tiefpunkt des Parlamentarismus erreicht“wurde.
August Wöginger ist nicht nur Vorsitzender der ÖVP-Parlamentsfraktion, sondern auch Obmann des ÖVP-Arbeitnehmerflügels ÖAAB.
SN: Herr Klubobmann, die Coronazahlen steigen. Rund um Österreich werden neue Lockdowns verkündet. Wann kommt es bei uns zum zweiten Lockdown?
August Wöginger: Wir werden alles unternehmen und versuchen, dass wir einen zweiten Lockdown verhindern. Und dass die Schulen so lang wie möglich offen halten können. Natürlich sehen wir, dass die Zahlen steigen. Daher treten ja am Freitag neue Maßnahmen in Kraft.
SN: Ausschließen können
Sie einen zweiten Lockdown nicht?
Unser Ziel ist es, die Situation zu verhindern, in der andere Länder bereits sind. Es geht darum, nicht an die Belastbarkeitsgrenzen bei den Spitälern und Intensivbetten anzukommen. Ich appelliere an Hausverstand und Eigenverantwortung, auch wenn es mühsam ist.
SN: Der frühere Schulterschluss der Parteien ist vorbei. Ist das nicht auch die Schuld der ÖVP? Am Montag wurde der Entwurf für die neuen Coronamaßnahmen nur an die ÖVP-regierten Länder ausgeschickt, was die SPÖ sehr empörte.
Der Standort bestimmt den Standpunkt. Wir haben es ja auch bei der Budgetdebatte erlebt: Die Regierung steht zum Budget, die Opposition kritisiert es. Es ist schade, dass wir nicht weiter den gemeinsamen
Weg gehen, den wir zu Beginn der Pandemie gegangen sind.
SN: Bleiben wir beim Verordnungsentwurf. Warum ist der nur an die ÖVP-Länder gegangen? Das kann ich nicht beurteilen. Ich weiß nur, dass rechtzeitig kommuniziert wurde, was in der Verordnung stehen wird. Dazu hat es ja am Montag eine Konferenz mit den Landeshauptleuten gegeben.
SN: Dass der Ton rauer geworden ist, merkt man auch daran, dass im Ibiza-Ausschuss eine anonyme Anzeige gegen den Kanzler zur Sprache kam.
Der Vorwurf lautet, dass Parteispender Vorteile in Behördenverfahren erhalten sollten.
Beim Untersuchungsausschuss haben wir einen absoluten Tiefpunkt des Parlamentarismus erreicht. Es ist eine Schande, wie hier agiert wird. Wir sind ja vom Dirty Campaigning einiges gewöhnt. Es wird ständig aus der untersten Schublade gegen den Bundeskanzler agiert. Ich weise den Vorwurf erstens entschieden zurück. Und zweitens fordere ich die Oppositionsparteien auf, derlei zu unterlassen und sich wieder auf den Untersuchungsgegenstand des Ausschusses zu konzentrieren. Sonst verkommt der Ausschuss zu einem absoluten Polittheater. Das ist eine Schande für den Parlamentarismus.
SN: Wird das Konsequenzen für künftige Ausschüsse haben? Spätestens nach dem Untersuchungsausschuss ist es an der Zeit, alle Fraktionen an einen Tisch zu laden und zu besprechen, ob das so weitergehen soll. Wir erleben ein Politschauspiel, das gar keinen Zusammenhang mehr zu Ibiza hat.
SN: Was könnte das Ergebnis einer solchen Besprechung sein?
Dass es einen ordentlichen Umgang miteinander gibt. Dass nicht ständig diffamiert wird. Dass nicht ständig mit untergriffigen Fragestellungen gearbeitet wird.
SN: Die abschlagsfreie Frühpension soll nach einem Jahr wieder abgeschafft werden. Schmerzt Sie das als ÖAABObmann?
Ich habe dieses Wahlzuckerl immer schon für falsch gehalten. Ich stehe zu dem, was ich mit dem leider viel zu früh verstorbenen Sozialminister
Rudolf Hundstorfer vereinbart habe: nämlich ein Bonus-MalusSystem je nach Zeitpunkt des Pensionsantritts. Dagegen hat es keine Beschwerden gegeben. Trotzdem wurde im vergangenen Jahr dieses Wahlzuckerl beschlossen, wodurch das ganze System durcheinandergebracht wurde. Es ist ungerecht den Frauen gegenüber. Und gegenüber jenen, die vor dem Stichtag in Pension gingen und Abschläge in Kauf nehmen mussten. Außerdem bringt es die Finanzierung des Systems ins Wanken. Wir haben schließlich eine Verantwortung gegenüber nachkommenden Generationen.