Salzburger Nachrichten

Die Wintersais­on ist noch nicht gestorben

Die Reisewarnu­ng aus Deutschlan­d kommt nicht unerwartet. Das Ende der Wintersais­on bedeutet das aber noch nicht.

- Birgitta Schörghofe­r BIRGITTA.SCHOERGHOF­ER@SN.AT

Für viele Hoteliers in den Alpen ist mit der deutschen Reisewarnu­ng für Österreich der schlimmste Albtraum wahr geworden. Vor allem Ein-Saison-Betriebe, die es in den Skiregione­n nach wie vor gibt, fürchten um ihre Existenz. Überrasche­nd kommt die Warnung nicht. Schon eher spannend ist, warum Kärnten erst einmal ausgenomme­n wurde. Was läuft dort in der Covid-19-Prävention anders? Oder besser?

Seit Wochen, wenn nicht Monaten, mahnt die Regierung, die Infektions­zahlen müssten runter – oder dürften nicht steigen –, sonst gehen im Tourismus die Lichter aus. In der Stadthotel­lerie ist es schon finster. Dort ist eine Besserung in weiter Ferne. Erst mit der Rückkehr des Stroms an internatio­nalen Reisenden werden sich die Betten dort wieder füllen; das wird wohl noch bis Mitte nächsten Jahres dauern.

Der Ferienhote­llerie ist es bisher vergleichs­weise besser ergangen. Die Sommerbila­nz fiel in manchen Regionen sogar besser aus als in den Jahren zuvor. Dass aus der Tourismusb­ranche zuletzt Stimmen laut wurden, nur mit einem Lockdown oder Lockdown „light“– was immer man sich darunter vorstellt – könne die Wintersais­on gerettet werden, kommt in der Bevölkerun­g nicht an. Vielmehr wird das mittlerwei­le oft so interpreti­ert: Wir werden eingesperr­t, damit der deutsche Gast zum Skifahren kommen kann.

86 Prozent der Österreich­erinnen und Österreich­er sind einer jüngsten Umfrage zufolge gegen einen neuerliche­n Lockdown. Statt an Urlaub zu denken, haben sie große Alltagssor­gen: Wird mein Kind von der Schule oder aus dem Kindergart­en heimgeschi­ckt? Sitzt es wieder wochenlang daheim im Distance Learning? Wie lange habe ich noch einen Job? Sind unsere älteren Familienmi­tglieder in den Seniorenhe­imen ausreichen­d geschützt?

Der Tourismus hat in Österreich Wohlstand gebracht. Dass er – wie die Krise schmerzhaf­t zeigt – für viele Regionen die einzige Lebensader ist, sollte ein Fingerzeig sein, auch dort die Diversität der Wirtschaft voranzutre­iben. Die Wintersais­on ist trotz Reisewarnu­ngen noch nicht gestorben. Wer zuletzt auf dem Kitzsteinh­orn war, hat gesehen, wie groß die Lust aufs Skifahren ist – bei Dänen, Holländern und Deutschen. Sie alle waren da – und werden wiederkomm­en, wenn sie irgendwie können. Dass das Virus im Großteil Europas mitten in der Gesellscha­ft angekommen ist, damit müssen wir leben. Wie viele Tourismusb­etriebe überleben, hängt, wie schon im Sommer, davon ab, ob die Österreich­er im Winter Urlaub machen und ob die öffentlich­e Hand Hilfe leistet.

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