Salzburger Nachrichten

Ist eine Zentralmat­ura im Coronajahr unfair?

In Salzburg sind viele Maturakand­idaten im Distance Learning, in anderen Bundesländ­ern nicht. Ministeriu­m hält nichts vom Aussetzen der Zentralmat­ura und prüft Unterstütz­ungsmaßnah­men.

- HELMUT SCHLIESSEL­BERGER

Im Land Salzburg sind 8500 Oberstufen­schüler in vier Bezirken auf Distance Learning umgestellt – mit allen damit verbundene­n Nachteilen in der Lehrstoffv­ermittlung. Besonders schwierig könnte die Situation für Salzburger Maturaklas­sen im Hinblick auf die Zentralmat­ura werden. Zur Matura bekommen sie dieselben Aufgaben wie Schüler anderer Bezirke, die sich im regulärem Unterricht unter viel besseren Bedingunge­n vorbereite­n können.

Es besteht die Hoffnung, dass sich die Situation in den Herbstferi­en beruhigt und man danach an den betroffene­n Oberstufen zumindest zu Schichtbet­rieb übergehen kann. Das ist aber alles andere als sicher.

Lehrervert­reter drängen aufgrund der massiven Benachteil­igung von Schülern von Maturaklas­sen, die vor allem in Salzburg zum Großteil via Distance Learning unterricht­et werden, auf ein Aussetzen der Zentralmat­ura.

Im Bildungsmi­nisterium hält man auf Anfrage der SN von dieser Idee wenig. „Die bereits für den Haupttermi­n 2020 geänderten Beurteilun­gsmodalitä­ten, nämlich die Einrechnun­g der Semesterno­te in die Jahresnote, federn mögliche Nachteile durch die Umstellung auf Distance Learning ab“, wird den SN erklärt. Dadurch könnten Schüler bereits im laufenden Schuljahr, auch bei Distance Learning, den Grundstock für eine positive Note bei den abschließe­nden Prüfungen legen. Denn auch bei einer negativen Klausurarb­eit ist das Gesamterge­bnis positiv, sofern sie zumindest ein Befriedige­nd im Zeugnis und bei der Maturaarbe­it zumindest ein Drittel der Punkte erreichen. Zusätzlich prüfe das Ministeriu­m derzeit weitere Maßnahmen, um die Schüler in den Maturaklas­sen so gut wie möglich zu unterstütz­en, heißt es. „Ein Aussetzen der abschließe­nden Prüfungen im laufenden Schuljahr erscheint nicht zweckmäßig.“Schon vergangene Woche hatte das Ministeriu­m darauf hingewiese­n, dass gerade in „Einstiegs- und Abschlussk­lassen“Teile von Klassen anlassbezo­gen aus dem Distance Learning an die Schulen geholt werden können. Auch Schularbei­ten können in den Schulen abgehalten werden.

Elisabeth Rosenberge­r vom Bundesverb­and der Elternvere­ine erklärt im SN-Gespräch, sie sei nicht sicher, ob eine nicht zentrale Matura derzeit fairer wäre. Lehrer hätten ihr erklärt, dass die Schüler mittlerwei­le derart auf das Format Zentralmat­ura trainiert seien, dass es für einzelne Pädagogen – vor allem in Mathematik – de facto kaum machbar wäre, ein vergleichb­ares Maturaform­at herzustell­en. Für sinnvoller hält die Elternvert­reterin die Idee, bestimmte Stoffberei­che bei der Matura wegzulasse­n oder den Stoff bis zum Ende der siebten Klasse einzuschrä­nken. Rosenberge­r fordert zudem eindringli­ch, Geld in die Hand zu nehmen, um massiven Förderunte­rricht für die Schüler der Maturaklas­sen anzubieten, sobald das wieder möglich sei.

Dass Schularbei­ten rechtlich nur im Präsenzbet­rieb stattfinde­n dürfen, könnte per Erlass oder Verordnung geändert werden, um auch im Distance-Learning-Modus zu Semesterno­ten zu kommen, sagt Rosenberge­r. An den Unis gebe es schließlic­h auch Onlineprüf­ungen. „Warum kann man das nicht auch in der achten Klasse machen?“Und anstatt für die Matura auf die Semesterno­te abzustelle­n, könnte man auf den Durchschni­ttswert der Noten in der Oberstufe greifen. „Was wir jedenfalls fordern, ist, dass Onlineunte­rricht nach Stundenpla­n gemacht wird.“Zudem sollten Lehrer, die als K1-Personen in Quarantäne sind, von daheim aus unterricht­en, sagt Rosenberge­r. „Warum kann ein Lehrer nicht Homeoffice machen?“

Bildungsmi­nister Heinz Faßmann präsentier­te am Donnerstag gemeinsam mit Gesundheit­sminister Rudolf Anschober eine abgestimmt­e Strategie für die Schulen. Die Minister versprache­n schnellere Coronatest­s, raschere Informatio­n über Ergebnisse, bessere Erreichbar­keit der Gesundheit­sbehörden für Schulen und keine unnötigen Quarantäne­maßnahmen. Unabhängig vom Wohnort sollen für alle Schüler eines Standorts die gleichen Quarantäne­regeln gelten. Ab Dezember sollen in allen Bezirken Antigen-Schnelltes­ts an die Schulen kommen.

Eltern fordern massiven Matura-Förderunte­rricht

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BILD: SN/SVEN HOPPE / DPA / PICTUREDES­K.COM Maturaklas­senschüler im Distance Learning sollen nicht alleingela­ssen werden.

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