Keith Jarrett zweifelt an seiner Rückkehr
US-Pianist spricht erstmals von den Folgen zweier Schlaganfälle.
Liveaufnahmen haben das Solowerk des US-Pianisten Keith Jarrett immer geprägt. In seinem „Köln Concert“hob er 1975 das Improvisieren auf eine neue Ebene und erspielte gleichsam aus dem Nichts eine Musik mit vielschichtig verknüpften inneren Strukturen. Mit schöner Regelmäßigkeit hat er in den Jahrzehnten danach Platten veröffentlicht, die als Titel oft nur den Konzertort brauchen. Die Aura des Jazzgenies sprach für sich.
Kommende Woche erscheint nun der Mitschnitt von Keith Jarretts „Budapest Concert“(ECM/Lotus) von 2016. Dass die Stücke darauf ebenfalls keine blumigen Namen haben, sondern durchnummerierte Ziffern, liegt daran, dass Jarrett (bis auf die Zugaben) auch an diesem Abend keine Standards interpretierte, sondern seine Musik erfand, während er sie spielte.
Dass Jarrett diese Fähigkeit künftig wiedererlangen wird, dass er überhaupt wieder auf die Bühne zurückkehren kann, bezweifelt er in einem aktuellen Interview mit der „New York Times“: Der 75-jährige Klaviergrande berichtet darin erstmals von zwei Schlaganfällen, die er im Jahr 2018 erlitt und an deren Folgen er laboriere. Seine linke Körperhälfte sei noch stark eingeschränkt, mit der rechten habe er während der Reha am Klavier „versucht, so zu tun, als sei ich ein einhändiger Bach“. Dass er wieder Konzerte spielen werde, bezweifelt er aber: „Ich fühle mich derzeit nicht wie ein Pianist.“
An das „Budapest Concert“erinnert er sich in dem Interview als „das beste der ganzen Tour“, die er 2016 unternahm. Bereits auf der Bühne habe er gewusst, „dass an diesem Abend etwas Besonderes passiert“.