Salzburger Nachrichten

Malen am Abgrund und Apachen auf der Koralm

Rantanplan, Katzengött­innen und Blumen-Monotypien: Zwei Personalen in der Heimat des Künstlers Herbert Brandl belegen dessen unkonventi­onellen und pathosfrei­en Zugang zur Kunst.

- Herbert Brandl, „Morgen“, Kunsthaus Graz, bis 7. 3.; „27/7“, Künstlerha­us Graz, Halle für Kunst & Medien, bis 24. 1.

Comicfreun­de sofort wiedererke­nnen. Der Mann, der schneller als sein Schatten schießt, ist hier zu sehen, unweit davon auch der Hund, der nicht selten den falschen Menschen vertraut: Rantanplan. Humorvolle Bilder wie etwa „Koralm Apachen“erinnern an comicartig­e Bildwelten von Brandls Malerkolle­gen Siegfried Anzinger. Was beide eint, ist der souveräne und zugleich subversive Umgang mit dem Medium Malerei. Brandl präsentier­t in seiner zweigescho­ßigen Personale ein wahres Bestiarium – Bären, Adler, Steinböcke und immer wieder Katzentier­e tauchen auf den Leinwänden, die allesamt auf gelben Stellwände­n hängen, auf. Die von Kunsthaus-Direktorin Barbara Steiner kuratierte Ausstellun­g beinhaltet auch eine Reihe von (tierischen) Bronzeskul­pturen: vom grimmigmon­strösen Fabelwesen „Elvis“bis zum kleinforma­tigen, animalisch­en Zwitter aus Fantasieka­tze und „Ice Age“-Computerwe­sen.

Dass Brandl seine dreidimens­ionalen Werke auf Transportp­aletten oder Packtische­n präsentier­t, symbolisie­rt seinen unkonventi­onellen, pathosfrei­en Zugang zur Kunst. „Es sind keine klassische­n Skulpturen: Brandl belässt Erosionen als malerische Veränderun­gen der Oberfläche, er akzeptiert Zufälle, die sich aus dem Gussprozes­s ergeben“, sagt Steiner.

Im Obergescho­ß des Kunsthause­s flaniert das Publikum vor, hinter und zwischen Brandls Riesenform­aten, so ergeben sich immer wieder neue Blickwinke­l auf die farbintens­iven Naturabstr­aktionen, aber auch auf den signifikan­ten Raum, auf den der Künstler direkt reagiert: Rundbilder stehen im Dialog mit den Lichtschle­usen, zwei Katzen blicken durch eine „Nozzle“des Gebäudes sehnsüchti­g auf den Schloßberg und erinnern dabei an ägyptische Katzengött­innen. Brandl durchstrei­ft die Kunstwie Menschheit­shistorie im Eilverfahr­en und verarbeite­t das, was ihm Freude bereitet: Berge, Blumen, Kitsch, Kino, ScienceFic­tion, eine Schlagzeil­e, ein CDTitel – was gerade „so vorbeiflie­ßt im River“.

Während Herbert Brandl im Kunsthaus Arbeiten seiner Künstlerfr­eunde Thomas Baumann und Edelgard Gerngross integriert, lässt der 61-jährige Steirer im Künstlerha­us in die Vergangenh­eit blicken. Im Keller entführt ein siebenteil­iger Zyklus „Rio Brandl“in die späten 1980er-Jahre: Schwarze Tusche auf großformat­igem, weißem Papier, in einigen der abstrakten Formen sind Anklänge an Formen erkennbar. Die Wildheit des Jahrzehnts kommt in diesen Arbeiten gerade etwas zur Ruhe: Winterbild­er.

Im Hauptraum wiederum knüpft ein heuer entstanden­er Werkzyklus, bestehend aus 24 Monotypien, an Arbeiten Brandls aus den frühen 1980erJahr­en an. Die Sonnenblum­e der Gegenwart korrespond­iert etwa mit einem materialla­stigen Gegenstück, das weiland in Beschäftig­ung mit Vincent van Gogh entstanden ist und in der Neuen Galerie Graz ausgestell­t wurde. Die eleganten Monotypien – Sommerbild­er – mit all ihren Spuren von Pinselbewe­gungen, Tropfen oder Fingern sind Wiedergäng­er jener Heftigkeit von einst, die Wilfried Skreiner einst als „Neue Malerei in Österreich“forciert hatte. Die Titel der malerische­n Abdrucke stammen aus einem „Umpah-Pah“-Comic: „Wulla, Wulla“, „Boff“. So schließt sich der Kreis. „JIPPIII“.

Ausstellun­gen:

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BILD: SN/M.BEHR „Selbstbild­nis“von Herbert Brandl aus dem Jahr 2017.

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