Salzburger Nachrichten

Eine Frau sucht ihren Liebsten und findet einen Esel

„Mein Liebhaber, der Esel und ich“ist charmantes Sommerkino aus Frankreich – und ein ungewöhnli­cher Cannes-Beitrag.

- Mein Liebhaber, der Esel und ich. Komödie, Frankreich 2020. Regie: Caroline Vignal. Mit Laure Calamy, Benjamin Lavernhe und den Eseln Pedro, Jazou und Kiki.

Antoinette (gespielt von Laure Calamy) ist über beide Ohren verknallt. Ihr Liebster heißt Vladimir, hat einen schönen Bart – und eine Ehefrau. Antoinette ist die Lehrerin von Vladimirs kleiner Tochter. Das ist prinzipiel­l nichts Schlimmes in Frankreich, so eine Affäre macht eine Ehe erst vollständi­g. Ungünstig ist es in der Sommerkomö­die „Mein Liebhaber, der Esel und ich“allerdings, dass es für Antoinette wirklich Liebe ist.

Der Film ist eine der wenigen Komödien, die das „Cannes 2020“Label tragen, also in der offizielle­n Auswahl des abgesagten Festivals von Cannes sind. Es ist, auf den ersten Blick, eine überrasche­nde Wahl, denn Antoinette­s Geschichte klingt recht vorhersehb­ar.

Doch Regisseuri­n Caroline Vignal bringt in ihrem ersten Film seit 20 Jahren den Figuren tiefes Verständni­s entgegen, und damit hebt sich „Mein Liebhaber“von der üblichen Komödien- und Reisefilmk­ost wohltuend ab. Denn ein Reisefilm, wie all die seit einigen Jahren modischen Jakobsweg- und Radl-Selbsterfa­hrungs-Dokus, ist auch Vignals Esel-Film, ein Roadmovie gewisserma­ßen: Antoinette geht auf dem Stevenson-Fernwander­weg quer durch die Cevennen – in Begleitung eines Esels namens Patrick.

Ihre spontane Idee war eigentlich, absichtlic­h-zufällig Vladimir und seiner Familie zu begegnen, die denselben Eselsweg gehen. Doch natürlich kommt es anders. Antoinette schließt störrisch Freundscha­ft mit ihrem treuen Esel und wird binnen kurzer Zeit zur Berühmthei­t

unter den Mitwandern­den, die regen Anteil nehmen an der gelebten Seifenoper – wobei sich Vladimir schließlic­h als der größte Esel erweist.

Auf dem Stevenson-Weg ist eine solche Geschichte jedenfalls gut aufgehoben: Der Fernwander­weg ist nach dem „Schatzinse­l“-Autor Robert Louis Stevenson benannt, der als junger Mann mit einer Eselin quer durch die Cevennen wanderte, um über die Liebe zu einer verheirate­ten Frau hinwegzuko­mmen.

Stevenson ist ein Leitmotiv des Films, vor allem beruht das Drehbuch aber auf Vignals eigenen Eselserinn­erungen: Gemeinsam mit ihrer kleinen Tochter ist die Regisseuri­n den Weg schon mehrmals gewandert, ein Esel namens Patrick war dabei eine beglückend­e Bekanntsch­aft.

Dementspre­chend ist das Schönste an „Mein Liebhaber, der Esel und ich“tatsächlic­h der Esel, der für die liebeskumm­ernde Antoinette Ansprechpa­rtner, Echokammer und Gefühlsver­stärker ist. So ein Therapiees­el ist eine reizvolle Sache.

Film:

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BILD: SN/FILMLADEN Statt zum Pferd wächst die Liebe zum Esel.

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