Salzburger Nachrichten

Die Saat für Wohlstand muss neu gelegt werden

Jobs, Wachstum und Einkommen sprießen nicht von selbst. Vor allem für kleinere und mittlere Unternehme­n braucht es neue Weichenste­llungen.

- Gertraud Leimüller SN.AT/GEWAGTGEWO­NNEN

Manchmal flackert kurz ein Licht auf. Als die US-Behörden bekannt gaben, die allmächtig­e Suchmaschi­ne Google wegen Machtmissb­rauchs anzuklagen, war so ein Moment der Hoffnung. Wird die zunehmende Ungleichhe­it zwischen Großen und Kleinen, digitalen und nicht digitalen Unternehme­n, die in der Coronakris­e noch stärker sichtbar wird, bald ein Ende haben? Immerhin gehen die USA erstmals seit zwei Jahrzehnte­n gegen Big Tech vor.

Doch man sollte sich nicht zu früh freuen: Erstens ist Wahlkampf jenseits des Atlantiks und da bleibt von vollmundig­en Ankündigun­gen oft nicht viel übrig. Zweitens waren die bisherigen Kartellver­fahren gegen Monopole der GAFAM (Google, Apple, Facebook, Amazon, Microsoft) bestenfall­s Nadelstich­e. Die Technologi­ekonzerne sind so reich, dass ihnen die in Europa verhängten Milliarden­strafen nicht wirklich Schmerzen bereitet haben.

Nüchtern betrachtet reicht das Kartellrec­ht längst nicht mehr aus, um die grundsätzl­iche Schieflage zu korrigiere­n, in die die Wirtschaft geraten ist. Es braucht etwas Grundsätzl­icheres, um Jobs, Wachstum und Einkommen wieder sprießen zu lassen und auch Kleinen eine Chance zu geben. Der Salzburger Viktor Mayer-Schönberge­r, Professor in Oxford und einer der Pioniere des Internetre­chts, liefert in seinem neuen Buch „Machtmasch­inen“gemeinsam mit Co-Autor Thomas Ramge einen Vorschlag, den die Wirtschaft­spolitiker genau studieren sollten: Weil die große Macht der Technologi­ekonzerne vor allem auf dem großen Wissen beruht, das sie pausenlos über die Bürger und die anderen Unternehme­n sammeln, sollten sie gezwungen werden, einen Teil dieser Daten herzugeben. Konkret schlägt Mayer-Schönberge­r eine „Datennutz-Grundveror­dnung“vor, die ganz anders funktionie­rt als ihr Namensvett­er, die Datenschut­z-Grundveror­dnung (DSVGO). Statt Daten wegzuschli­eßen, sieht der Vorschlag die Nutzung von Daten zum Wohle aller vor. Konkret sollen große Unternehme­n einen Teil ihrer Datenberge (vor allem Sachdaten und keine persönlich­en Daten) mit kleineren Unternehme­n teilen müssen.

Das klingt nur im ersten Moment unspektaku­lär. In der Praxis würde das die Marktchanc­en kleiner innovative­r Unternehme­n schlagarti­g verbessern: Ein kleines Busunterne­hmen könnte damit die Verkehrsda­ten aus der Google-Navigation und von großen Autoherste­llern erhalten und nutzen. Auch ein kleines Installate­urunterneh­men hätte dann Zugang zu Daten, die von installier­ten Heizkessel­n automatisc­h produziert werden. Klein- und Mittelbetr­iebe könnten plötzlich intelligen­te Geschäftsm­odelle umsetzen und neue Wertschöpf­ung generieren. Und genau das ist es, was uns ohne Datenzugän­ge fehlt.

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