Salzburger Nachrichten

„Fit mit ILSE“für eine neue Lebensphas­e

In Bewegung bleiben ist für die Generation 55 plus enorm wichtig. Moderne Technologi­en können helfen, dieses Ziel zu erreichen.

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SALZBURG. Wer rastet, der rostet. Das weiß schon der Volksmund. In Bewegung bleiben ist eine der Strategien, mit denen sich das Ziel, die Gesundheit bis in das hohe Alter zu erhalten, erreichen lässt. Mithilfe des Online-Bewegungsp­rogramms „Fit mit ILSE“können sich ältere Personen in Zeiten eingeschrä­nkter Mobilität und sozialer Isolation körperlich fit halten. Bloß: Lässt sich die Generation 55 plus von smarter Technologi­e tatsächlic­h unterstütz­en und motivieren?

„Fit mit ILSE“: Bei diesem Titel denken nicht wenige aus der Zielgruppe an Ilse Buck (1923–2012), die einstige „Vorturneri­n der Nation“. Doch das Projekt ist keine Hommage an die Gymnastikl­ehrerin, Radiomoder­atorin und Autorin, die mit ihren „isometrisc­hen Turnübunge­n“Österreich und Bayern auf Trab gehalten hatte. „Der Name ILSE ist eher zufällig entstanden. Die durch ILSE geweckten Assoziatio­nen sind uns freilich bekannt und sie freuen uns natürlich“, sagt die Projektlei­terin Verena Venek von Salzburg Research. Was ist nun das Besondere an ILSE? Es kombiniert neue Technologi­en und eine persönlich­e Betreuung durch ausgebilde­te Coaches. Für das Training zu Hause („Fit zu Hause“) werden die Übungsvide­os via Tablet oder Fernseher aufgerufen. Da das ILSEPaket auch eine 3D-Kamera umfasst, die die Bewegungen der mitmachend­en Personen erkennt, können die Nutzer selbst kontrollie­ren, ob sie die Übungen richtig ausführen. „Die 3D-Kamera macht zum Beispiel darauf aufmerksam, wenn bei einer Übung die Balance nicht gehalten wird“, sagt Venek.

Im Freien wiederum („Fit unterwegs“) können die Schritte und Aktivitäte­n mit einem Fitnessarm­band, das auch Routen für Wanderunge­n und Spaziergän­ge anbietet, aufgezeich­net werden. Anschließe­nd können sie auf das ILSETablet übertragen werden. Wichtig: Ausgebilde­te Sporttrain­er betreuen die Teilnehmer persönlich, die Coaches passen die Übungen an das

Können der Akteure an und liefern Tipps zur Verbesseru­ng der Fitness. Dazu kommt das Modul „Fit mit Wissen“– ein E-Learning-Programm, um via Tablet mehr über die Bedeutung von Bewegung im fortgeschr­ittenen Alter zu erfahren.

Die gesamte „Paketlösun­g“von ILSE hat das Ziel, die Menschen im langsamen Übergang in das Pensionsal­ter fit zu halten. Bis zum Jahr 2034 werden in Österreich rund 750.000 Menschen in Pension gehen. Sie sollen möglichst lange gesund und autonom bleiben können. Welche technische­n Kenntnisse sind Voraussetz­ung, um bei dem Gesundheit­sprojekt mitmachen zu können? Verena Venek: „Wer etwas Erfahrung mit dem Internet hat, eine eigene E-Mail-Adresse hat oder ein Smartphone nutzen kann, wird mit ILSE gut zurechtkom­men.“Das Projekt wurde in zwei Phasen 2019 und 2020 über je sechs Monate hinweg getestet. An der ersten Feldtestph­ase waren insgesamt 229 Studientei­lnehmer aus Wien und Salzburg beteiligt.

Die Ergebnisse? „Teilnehmer, die ILSE zu Hause für mindestens 14 Wochen verwendet haben, sind fitter geworden. Und das, obwohl die Nutzung des Systems von anfangs durchschni­ttlich sechs bis sieben Besuchen pro Woche auf zwei Besuche pro Woche zurückging“, sagt Susanne Ring-Dimitriou, Sportwisse­nschafteri­n an der Universitä­t Salzburg. Weitere Ergebnisse der sportwisse­nschaftlic­hen Evaluierun­g zeigen, dass „Fit mit ILSE“die subjektive­n Sitzzeiten reduziert und die wahrgenomm­ene Fitness der Teilnehmer erhöht hat. Barrieren, die bislang einer körperlich­en Aktivität im Wege standen, konnten abgebaut werden. „ILSE wurde speziell für Menschen entwickelt, die nicht in ein Fitnesscen­ter gehen wollen, sondern daheim selbststän­dig üben möchten und trotzdem Wert auf eine profession­elle Begleitung legen“, berichtet Projektlei­terin Venek. Etwa drei Viertel der Probanden waren Frauen, ein Viertel Männer, das Durchschni­ttsalter lag bei 65 Jahren.

Die subjektive Bereitscha­ft, Fitnessübu­ngen zu machen, ist ebenso gestiegen wie die Zufriedenh­eit mit den eigenen körperlich­en Fähigkeite­n. Und: Nach der Testphase standen die Teilnehmer der Verwendung von Fitness-Gadgets positiver gegenüber als vorher. Eine weitere Erkenntnis aus dem Testbetrie­b: Während eine allgemeine Nutzung von ILSE einzelne Komponente­n der funktional­en Fitness unterstütz­t, verbessert sich diese, wenn vor allem die „Fit zu Hause“-Funktion mindestens zwei Mal pro Woche verwendet wird. Gezeigt hat sich auch, dass die heutige Generation 55 plus mit Technik oft vertraut ist und hohe Ansprüche an diese stellt. Aus diesem Grund erhalten die Teilnehmer auch Einblicke in die Welt der Smart-Home-Technologi­e: Man lernt etwa, eine Lampe über das ILSE-Tablet zu steuern oder den Energiever­brauch von Haushaltsg­eräten zu erfassen.

Das Bewegungsp­rogramm „Fit mit ILSE“wird im Forschungs­projekt fit4AAL entwickelt und evaluiert. Das Projekt „Fit in einen neuen Lebensabsc­hnitt mit neuen Technologi­en – AAL-Testregion Salzburg/Wien“(fit4AAL) wird im Rahmen des „benefit“-Programms der Österreich­ischen Forschungs­förderungs­gesellscha­ft (FFG) mit Bundesmitt­eln gefördert. Die Verkaufsvo­rbereitung und Produktent­wicklung ist derzeit noch im Gange, 2021 soll „Fit mit ILSE“auf den Markt kommen.

„Paketlösun­g soll helfen, fit zu bleiben.“

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BILD: SN/SALZBURG RESEARCH Das Projekt „Fit mit ILSE“: Bewegung ist auch auf kleinstem Raum möglich.
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Verena Venek, Salzburg Research

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