Der Jäger des kürzesten Wegs
Salzburger Informatiker erhielt millionenschwere EU-Förderung, um Algorithmen zu entwickeln, die Zeit, Platz, Energie sparen.
Das Sprichwort „Zeit ist Geld“ist uralt: 1748 hat es Benjamin Franklin, einer der Gründerväter der USA, erstmals in seinem Buch „Ratschläge für junge Kaufleute“aufgeschrieben. Die Einsicht, dass Zeit ein kostbares Gut ist, gilt aber nach wie vor und ist in den Jahrhunderten seither gewachsen. Der Europäische Forschungsrat (European Research Council/ERC) sieht das genauso und fördert mit 1,5 Millionen Euro ein fünfjähriges Forschungsprojekt an der Universität Salzburg, das Berechnungsmethoden entwickeln soll, die in Netzwerken aller Art Zeit, Platz und Energie sparen.
Der Informatiker Sebastian Forster vom Fachbereich Computerwissenschaften der Paris-Lodron-Universität konnte diesen sowohl hoch dotierten als auch hoch angesehenen ERC Starting Grant für seine Grundlagenforschungen im Bereich Big-Data-Algorithmen nach Salzburg
holen. Dieses Jahr gingen elf ERC-Forschungsförderungen nach Österreich, Forster erhielt die einzige im Bereich Informatik.
Big Data steht für Technologien zur Verarbeitung und Auswertung riesiger Datenmengen. Dieser Wissenschaftsbereich wird immer bedeutender, erklärt Forster im SNInterview das große Interesse der EU-Forschungspolitik an genau diesem Thema. „Das ist eine wirkliche Herausforderung, ein Hot Topic“, sagt Forster und fügt hinzu: „Ich bin nicht der Erste, der sich das anschaut, aber mein Ziel ist es, bereits existierende Lösungen noch zu verbessern.“Das Spezielle an seinem Projekt ist laut Forster, dass die Eingabedaten „dynamisch“sind, sprich die Ausgangspunkte seiner Berechnungen sich ständig verändern. Die von ihm zu entwickelnden neuen Algorithmen sollen ebenso dynamisch reagieren und ein schnelles Update liefern.
Als gutes Beispiel für solche dynamischen Umgebungen nennt Forster Verkehrsrouten, in denen sich die Fahrtzeiten einzelner Streckenabschnitte durch Staus oder Umleitungen verändern. Die Algorithmen in Navigationssystemen müssen auf solche Veränderungen reagieren und die Route aktualisieren. Mathematisch gesehen geht es hier um den Bereich Kombinatorik. Auch Wahrscheinlichkeitsrechnungen spielen eine wichtige Rolle, erläutert Forster die Herausforderung, ohne eine vollständige Neuberechnung schnell zu Ergebnissen zu kommen. Und Forster ergänzt: „Dieses Prinzip der Aktualisierung nach einer Veränderung wollen wir auf große Netzwerke anwenden.“
Gefragt, wie groß der Erfolgsdruck ist, antwortet der Informatiker: „Ich bin optimistisch, gute Ergebnisse zu liefern, aber natürlich gibt es keine Garantie. Es kann auch sein, dass alle meine Hypothesen falsch sind.“Damit dem nicht so ist, wird Forster ein Team von vier wissenschaftlichen Mitarbeitern um sich scharen. Auch das ist angesichts der notwendigen hohen Spezialisierung keine leichte Aufgabe. Doch der Projektleiter ist zuversichtlich, sowohl am internationalen wie Salzburger WissenschafterParkett fündig zu werden.
Forster hat auch noch ausreichend Zeit für sein Teambuilding – das Projekt startet im Herbst 2021. Die Zeit bis dahin verbringt der Spitzenforscher mit einer ebenfalls fordernden Aufgabe: Er wechselt zur Betreuung seiner einjährigen Tochter in die Väterkarenz und zeigt damit, dass Zeit über Geld hinaus ein sehr kostbares Gut ist.