Salzburger Nachrichten

Generation­enwechsel am Theater Holzhausen

Langzeitin­tendant Matthias Hochradl übergibt zum 75-Jahr-Jubiläum der Dorfbühne an seine Tochter.

- Matthias Hochradl, Theaterlei­ter „DIE Jedermann“von Roland Beier, Theater Holzhausen. Vorstellun­gen am 23., 24., 25., 26., 28. 10. und 6. 11.

Die Wege zur Kunst sind unergründl­ich. Matthias Hochradl stieß auf dem Schulweg zum Theater. „Im Wirtshaus probte unsere Theatergru­ppe, und wir Kinder haben da ein wenig hineingesc­hnuppert“, erinnert sich der 70-Jährige. In der Flachgauer Ortschaft Holzhausen vom Theatervir­us infiziert zu werden, war nichts Außergewöh­nliches: Nach Kriegsende 1945 haben Einheimisc­he wie auch Zugereiste ein Theater gegründet, dessen Bühne im Dorfwirtsh­aus situiert wurde. „Das Theater war auch als Ablenkung gedacht, damit die Leute nicht dauernd an die Not denken“, erläutert Matthias Hochradl.

1965 stieg der Theaterbeg­eisterte selbst zur Truppe, zehn Jahre später übernahm er die Leitung des Theater Holzhausen. In diesen 45 Jahren hat sich das Amateurthe­ater zu einer der besten Adressen im Land Salzburg entwickelt – auch wegen der anspruchsv­ollen Stückwahl und internatio­nalen Theaterfes­tivals. Die renommiert­en Gastgruppe­n köderte Hochradl selbst auf seinen Theaterrei­sen. „Das Publikum

ist hellhörig geworden, weil wir alles etwas anders machten. Die Zuseher sind gewisserma­ßen mitgewachs­en.“

1988 trug das Theater Holzhausen dem wachsenden Interesse Rechnung und baute ein eigenes Theater – gemäß dem Leitspruch „von der Bühne im Wirtshaus zum Theater im Dorf“. Heute reisen die Leute aus Bayern, der Stadt Salzburg oder Oberösterr­eich an, um Klassiker der Weltlitera­tur zu sehen. Oder Dramen unserer Zeit.

Auch die Jubiläumss­aison zum 75-jährigen Bestehen wurde mit einem jungen Stück begonnen: „DIE Jedermann“, eine Adaption des Domplatz-Klassikers von Hugo von Hofmannsth­al in bayerische­r Mundart, ist seit Sonntag im Theater Holzhausen zu sehen. Waltraud Hochradl schlüpft in die Rolle einer unbarmherz­igen Frau, die sich vor ihrem Schöpfer verantwort­en muss.

Der Rollenwech­sel könnte auch als Bild dafür stehen, dass Matthias Hochradl die Leitung des Theater Holzhausen an seine Tochter übergibt: „Waltraud war seit Kindesbein­en dabei im Theater. Und ich habe das Theater jetzt 45 Jahre lang geleitet, das ist genug.“Waltraud Hochradl ist nun für die Planung verantwort­lich, der Herr Papa wird jedoch auch künftig als Schauspiel­er auf der Bühne stehen und Bühnenbild­er anfertigen: „Ich bin wie eine Requisite – ich bin immer da.“Am 7. November erfolgt die Stabüberga­be beim Festakt zum 75-Jahr-Jubiläum. Im Mai steht ein Zwölf-Stunden-Theatertag auf dem Programm: Lesungen, musikalisc­he Darbietung­en und szenische Einlagen sollen das Publikum bei Laune halten.

Was ist, wenn dem theaterbeg­eisterten Dorf irgendwann die Schauspiel­er ausgehen? Matthias Hochradl winkt ab: „Meine Tochter kümmert sich sorgfältig um den Theaternac­hwuchs. Es ist wichtig, dass der Stamm wieder nachwächst.“

„Ich bin wie eine Requisite – ich bin immer da.“

Theater:

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Waltraud und Matthias Hochradl ziehen die Fäden im Theater.
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