US-Botschafter in Wien sagt ein „sehr enges“Rennen voraus
Dass einer der Kandidaten das Wahlergebnis nicht anerkennen könnte, hält Trevor Traina für ausgeschlossen.
Mit einem Regierungswechsel werden in den USA in der Regel auch die Botschafter ausgetauscht. Schon weil er seinen Job liebe, scherzt daher Trevor Traina, habe er „einen sehr eigennützigen Grund“, Donald Trump, von dem er 2018 für den Posten in Wien nominiert wurde, zu wählen. Die Umfragen, die Joe Biden in Führung sehen, hält der Unternehmer und Diplomat für nicht treffsicher, vor allem in den umkämpften „Swing States“, in denen es viele Wechselwähler gibt. Das Rennen sei „viel enger, als die Leute glauben“, sagt Traina.
Entsprechend lange könnte es in der Wahlnacht dauern, bis ein Ergebnis vorliegt. Im Jahr 2000 hat es beispielsweise Wochen gedauert, bis im Bundesstaat Florida endgültig ausgezählt war. „Ich hoffe, das wird nicht wieder passieren.“Wenn der Ausgang der Abstimmung in einem Bundesstaat recht knapp sei, könnte das aber automatisch eine Neuauszählung auslösen.
Selbst wenn es lange dauert, bis alle Ergebnisse aus den Bundesstaaten vorliegen: Dass einer der Kandidaten sich vorschnell zum Sieger erklären könnte, schließt der Botschafter aus. Genau wie das Szenario, Trump könnte das Wahlergebnis im Fall einer Niederlage nicht anerkennen. „Null Bedenken“habe er in der Hinsicht, sagt Traina. Wie vor vier Jahren könnte es aber auch nach dieser Wahl eine Gruppe von Leuten geben, die das Wahlergebnis nicht annimmt. Damals war in den USA eine Bewegung unter dem Motto „not my president“entstanden. Die Regierung aber hatte – und würde auch wieder – ihre Arbeit ungeachtet dessen weitermachen.
Für Unverständnis diesseits des Atlantiks sorgte nach der vergangenen US-Präsidentschaftswahl mitunter, dass Hillary Clinton trotz der Mehrheit der absoluten Stimmen als Verliererin aus der Wahl ging. Das historisch begründete System der Wahlmänner hält Traina aber noch immer für sehr effektiv und gut. Ohne dieses System, bei dem der Sieger nach Stimmen in einem Bundesstaat alle Wahlmänner gewinnt, würden die Kandidaten hauptsächlich in den populärsten Staaten wie Kalifornien, New York, Florida oder Texas wahlkämpfen und dort möglichst viele Stimmen sammeln. Derzeit aber könnten sie die „Swing States“nicht ignorieren, die für viele Amerikaner das Herz Amerikas am meisten reflektieren würden. Eben auch, weil sie am wenigsten polarisiert sind.
Ob der Botschafter auch unter einer Biden-Administration in Wien bleiben werde? „Schau ma mal“, sagt der 52-Jährige. Einen Draht hat er jedenfalls auch zu den Demokraten. Bidens Vizekandidatin Kamala Harris ist „eine meiner ältesten Freundinnen“, erzählt Traina.