Rätsel um Jagdpanzer in Bunker
Der Rechnungshof listet eine Reihe gravierender Missstände im Heeresgeschichtlichen Museum auf. Die Prüfer erstatteten sogar Strafanzeige wegen „unbefugter Innehabung von Kriegsmaterial“. Drei Briefe von Egon Schiele sind unauffindbar.
WIEN. Der am Freitag veröffentlichte Bericht des Rechnungshofs (RH) lässt kein gutes Haar an der Führung des Heeresgeschichtlichen Museums wie auch an der Aufsicht durch das Verteidigungsministerium. Aufgelistet wird eine ganze Reihe von Mängeln und Missständen, die Prüfer sprachen in dem 138-Seiten-Bericht 90 Empfehlungen aus. Kritisiert werden das Nichtbeachten rechtlicher Vorschriften, etwa bei Auftragsvergaben und Baumaßnahmen, sowie Missstände im Bereich der Sammlungen. Beispielsweise seien Teile des Sammlungsbestands, insbesondere drei Briefe von Egon Schiele, nicht auffindbar. Es handle sich hierbei um eine Korrespondenz Schieles aus dem Frühjahr 1918 mit dem damaligen Museumsdirektor. Drei Sammlungsleiter wüssten seit Anfang 2016 über das Fehlen der Briefe Bescheid, sie hätten die Direktion des Museums allerdings nicht informiert, hält der RH fest.
Besonders bedenklich seien Missstände rund um die Depots am Garnisonsstandort Zwölfaxing. Dort stießen die Prüfer bei einer Vor-Ort-Prüfung auf mehrere Bunker – gefüllt mit Panzerersatzteilen unbekannter Herkunft. Laut Direktion des Museums hat man erst durch den Rechnungshof von diesem Bestand an Panzerersatzteilen erfahren. Das Heeresgeschichtliche Museum beantragte noch während der laufenden Prüfung beim Ministerium
die Erstattung einer Strafanzeige gegen den Bediensteten, der über die Schlüssel der Bunker verfügte – insbesondere wegen des Verdachts der „unbefugten Innehabung von Kriegsmaterial“. In der Sammlung „Waffen und Technik“fehlte ein Gesamtüberblick über den Bestand an Panzern und anderem Großgerät. So seien drei Schützenpanzer Saurer und vier Jagdpanzer Kürassier nicht inventarisiert worden, obwohl diese dem Heeresgeschichtlichen Museum in den Jahren 2008 bzw. 2011 übergeben worden seien.
Heeressprecher Michael Bauer zufolge hat sich der Verdacht des unbefugten Besitzes von Kriegsmaterial in der Kaserne Zwölfaxing nach ressortinterner Prüfung als unzutreffend herausgestellt. Die dem Museum zugeordneten Objekte seien vollständig vorhanden, elektronisch erfasst und inventarisiert. Eigenen Angaben zufolge verfügt das Heeresgeschichtliche Museum über rund 1,3 Millionen Sammlungsobjekte. Der Rechnungshof kritisiert, dass das Museum keinen Überblick über seinen Sammlungsbestand hat, seit Ende des Zweiten Weltkriegs sei keine vollständige Aktualisierung des Inventars
erfolgt. Schwer unter Beschuss geriet auch Museumsdirektor M. Christian Ortner. „Der Handlungsbedarf im Heeresgeschichtlichen Museum ist enorm und wir werden hier nicht tatenlos zusehen“, sagte Verteidigungsministerin Klaudia Tanner (ÖVP). „Wir werden die Direktion des Museums in Kürze neu ausschreiben und beurteilen, welche weiteren Maßnahmen zu treffen sind.“Dafür wurde eine Kommission eingerichtet.
Ins Auge sticht auch eine auffallend hohe Anzahl durchschnittlicher Krankenstandstage. Diese betrugen im Prüfungszeitraum 2014 bis 2018 bis zu 52 Tage pro Jahr.
Der RH fordert jedenfalls, eine Antikorruptionskultur auf allen Hierarchieebenen zu erstellen.