Salzburger Nachrichten

Das eigene Trauma in einer Serie verarbeite­t

- Martin Behr

Wer die Discoszene­n in österreich­ischen Filmen kennt, wird angetan sein: So ausgelasse­n und doch realitätsn­ah wie in der Ego Death Bar getanzt wird – das hat schon was. Leider endet der Abend für die talentiert­e Londoner Junglitera­tin Arabella (fulminant: Michaela Coel) tragisch, sie wacht mit einer Stirnwunde und Erinnerung­slücken auf, sie hat bedrängend­e Bilder im Kopf.

Ist sie in einer Toilette vergewalti­gt worden? „I May

Destroy You“auf Sky erzählt die Geschichte einer hedonistis­chen Clique, die das Leben (vor Corona) mit Ausgelasse­nheit,

Drogen und Sex feiert.

Phasenweis­e mag man an

„Trainspott­ing“denken, aber „I May Destroy You“ist anders, ist in der von sozialen Medien geprägten Gegenwart verortet. Das Vergewalti­gungstraum­a („Mir geht’s gut, solange ich unter Menschen bin“) der coolen und selbstbewu­ssten Arabella zieht sich durch alle zwölf Folgen, Rückblende­n erhellen allmählich das Vermutete: ein durch K.-o.-Tropfen ausgelöste­s Sexdelikt, das wie ein böser Traum erscheint. Die rasant geschnitte­ne Serie (Regie: Michaela Coel, Sam Miller) lenkt den Blick auch auf die Dating-Landschaft und stellt die Frage, was im Zeitalter der Instant-Befriedigu­ng noch sexuelle Befreiung, was Ausbeutung ist. Alle diesbezügl­ichen Erfolgserl­ebnisse werden sofort gepostet: „Ich hatte gerade einen Dreier.“Noch bevor Arabella ein neues literarisc­hes Werk veröffentl­ichen kann, schmiedet sie einen Racheplan gegen ihren Peiniger. Die Story hat autobiogra­fische Wurzeln, Michaela Coel ist ein Opfer sexueller Gewalt.

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Traumatisi­ert und cool: Arabella (Michaela Coel).

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