Ein „Tatort“im Zeichen der Alternativmedizin
Rupert Henning führte Regie und schrieb auch das Drehbuch über den „Glaubenskrieg“zwischen Schulmedizin und „sanften“Methoden.
WIEN. „Krank“: So lautet der Titel der letzten heimischen „Tatort“Premiere (Sonntag, ORF 2, ARD, 20.15 Uhr) in diesem Jahr. Dass Moritz Eisner (Harald Krassnitzer) und Bibi Fellner (Adele Neuhauser) diesmal im Umfeld der Alternativmedizin-Branche ermitteln, geht auf Rupert Henning zurück. Der 52-jährige Kärntner hat das Drehbuch geschrieben und führte in der „Tatort“-Folge auch Regie.
„Mich hat das schon länger beschäftigt, durch Covid-19 bekommt das Thema Gesundheit natürlich noch einen Aktualitätsschub“, sagt er im SN-Gespräch. Die Handlung: Ein kleines Mädchen kommt nach dem Einsatz sogenannter sanfter Medizin ums Leben. Hätte es bei anderer Behandlung gerettet werden können? Ihr Vater, ein namhafter Vertreter der Alternativmedizin und Mitgründer des Unternehmens Medicina Lenia, wird vom Gericht von allen Vorwürfen entlastet. Kurz nach dem Freispruch wird er ermordet. „Krank“erzählt von erschütterten Familienmitgliedern, überzeugten Heilspropheten und skrupellosen Machenschaften. „Mir ging es nicht darum, Stellung zu beziehen oder selbst ein Urteil zu fällen. Es wird lediglich aufgezeigt, dass auch abseits der Pharmaindustrie profitable Geschäfte mit dem Thema Gesundheit gemacht werden und dass auch in diesem Bereich nicht immer alles legal ist“, betont Henning, der in diesem Zusammenhang von einem „Glaubenskrieg“spricht: „Es gibt tatsächlich Parallelen zur Religion.“
„Krank“baut nicht auf einem konkreten Fall auf, Henning hat mehrere reale Fälle, unter anderem aus Italien oder Tirol, verwoben. Was für ihn ein gutes „Tatort“-Drehbuch ausmacht? „Dass man als Zuseher von Anfang bis zum Ende dranbleibt, dass man wissen will, wie es weitergeht, aber eben nicht weiß, wohin sich die Story entwickelt.“Wenn er ein „Tatort“-Drehbuch schreibe, sei er völlig frei, es gebe keine inhaltlichen Vorgaben oder Beschränkungen: „Ich muss da wirklich ein Loblied auf die ORF-Redaktion singen.“
Am „Tatort“-Format schätze er die große Bandbreite in den Folgen, vom klassischen Whodunit-Konzept bis zum Experimentalfilm, betont Henning. Der rot-weiß-rote „Tatort“zeichne sich durch die starken Charaktere des Ermittlerduos aus: „Moritz und Bibi haben sich ihre Rollen einverleibt, diese sehr menschlichen Figuren rühren, weil sie Stärken und Schwächen haben.“Die beiden hätten sich auch in Deutschland eine Trademark aufgebaut, sagt der 52-Jährige, der gerade den auf einem Stück von Felix Mitterer basierenden Film „Märzengrund“(Regie: Adrian Goiginger) mitproduziert.