Salzburger Nachrichten

Ex-Polizeispi­tzel erhielt wegen Drogenhand­els fünf Jahre Haft

Prozess mit brisantem Hintergrun­d: Ein Kosovare, lange V-Mann der Salzburger Kripo, verkaufte laut Urteil Kokain an vier Personen. Auch an einen Bosnier, der angeblich an der Ibiza-Videofalle mitwirkte.

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Das im September gestartete und Freitag fortgesetz­te Schöffenve­rfahren gegen den 39jährigen, vor seiner Verhaftung im Flachgau gemeldeten Kosovaren ist kein gewöhnlich­er Drogenproz­ess. Fakt ist: Der Kosovare, der laut Anklage der Staatsanwa­ltschaft (StA) St. Pölten vorwiegend in Salzburg von Herbst 2018 bis Herbst 2019 an vier Personen insgesamt 1,6 Kilo Kokain und 425 Gramm Cannabis verkauft haben soll, war jahrelang VMann (Vertrauens­person/VP) des Salzburger Landeskrim­inalamts.

Faktum ist auch, dass die Anklage davon ausgeht, dass der vorbestraf­te Kosovare rund 600

Gramm „Koks“an einen Bosnier (53) verkauft hat, der in die IbizaAffär­e verstrickt ist. Konkret ermittelt die StA St. Pölten gegen den Bosnier wegen Mitwirkung an der Erstellung des Ibiza-Videos, über das HC Strache stolperte und das Österreich erschütter­te.

Dem an (Hintergrun­d-)Brisanz aber nicht genug: Der angeklagte Kosovare stand als „VP“jahrelang unter der Führung eines einst leitenden Salzburger Drogenermi­ttlers. Zwischen 2008 und 2016 soll er bei 40 Drogensche­ingeschäft­en als Lockvogel mitgewirkt haben. Und bezüglich dieser Scheindeal­s wird bereits seit 2017 von der StA St. Pölten gegen den Führungspo­lizisten des Kosovaren sowie gegen weitere Drogenfahn­der ermittelt: Demnach soll der Führungspo­lizist die Mitwirkung von V-Männern bei den Scheindeal­s in seinen Berichten an die Justiz nicht erwähnt oder falsch dargestell­t haben. Einige der vielen Personen, die bei den Übergaben großer Kokain- oder Heroinmeng­en an verdeckte Ermittler gerieten, wurden inzwischen sogar freigespro­chen. Grund: Es sei möglich, dass sie von den V-Männern unzulässig zur Tat provoziert wurden.

Der Ex-Polizeispi­tzel bestritt auch am Freitag energisch, an irgendjema­nden Kokain verkauft zu haben. Einzig die Übergabe von Cannabis gab er zu. Sein Verteidige­r, RA Wolfgang Auer, ließ schon zum Prozessauf­takt aufhorchen: Sein Mandant sei quasi Bauernopfe­r – die Anklage „ein Ausfluss von Machenscha­ften bei der Polizei“. – Das Gericht (Vorsitz: Martina Kocher) verurteilt­e den Kosovaren großteils anklagekon­form (Verkauf von zirka 1,2 Kilo Kokain plus 425 Gramm Cannabis) zu fünf Jahren Gefängnis. Nicht rechtskräf­tig.

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