Salzburger Nachrichten

Agrarlobby gewinnt

- Martin Stricker

Der Autor dieser Zeilen ist ein erfahrener Klimafuchs. Doch selbst ihn verblüffte, was dieser Tage in Brüssel geschah. Selten gelingt es einer Lobby derart rasch und ohne viel Federlesen­s, ein Klimaproje­kt in Grund und Boden zu stampfen, wie den Bauernverb­änden, den Agro-Industrien und ihren politische­n Vertretern.

Es geht um die Landwirtsc­haftsförde­rung der EU. Sie frisst ein Drittel der Gesamtbudg­ets oder 55 Milliarden Euro jährlich. Das sind rund 630.000 Euro jede Stunde, Tag und Nacht.

Rund elf Prozent aller Treibhausg­asEmission­en Europas entstammen dem Agrarberei­ch. Vom extrem klimaschäd­lichen Methanauss­toß sind es mehr als 80 Prozent.

Doch alle ernsthafte­n Bemühungen, diese gigantisch­en und sündhaft teuren Apparate möglichst rasch weg von Massenprod­uktion, Artenverni­chtung und Treibhausg­asausstoß zu führen, waren binnen weniger Tage Makulatur.

Stattdesse­n sollen 20 Prozent der Direktförd­erungen – sie machen den Löwenantei­l aus – an nicht näher beschriebe­ne Öko-Regeln gebunden werden. Aber eh erst ab 2023, damit es nicht zu schnell geht.

20 Prozent? Echt jetzt?

Das nennt die deutsche Agrarminis­terin Julia Klöckner (CDU) einen „Systemwech­sel“? Darüber freut sich ihre österreich­ische Kollegin Elisabeth Köstinger (ÖVP), weil es nun möglich sei, „das Niveau weiter zu steigern“?

Und das EU-Parlament, sonst stets voran? Auch hier versenkte die Agrarlobby jeglichen Ehrgeiz binnen weniger Tage. Die Mehrheit im Parlament hätte gern, dass bitte schön 30 Prozent der Direktsubv­entionen klima- und umweltfreu­ndlich verwendet werden.

Na dann.

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