Salzburger Nachrichten

Roter Veltliner: Eine Rebsorte kehrt zurück

Die alte heimische Sorte war nahezu verschwund­en. Nun hat sich eine Gruppe Biowinzer der Rekultivie­rung des Roten Veltliners verschrieb­en.

- PETRA BADER

Sie ist eine Diva. Das macht die Rebsorte unwiderste­hlich, ist aber auch der Grund, warum sie in den vergangene­n 50 Jahren zugunsten des Grünen Veltliners so gut wie aus allen heimischen Weingärten verschwund­en ist. Mit ihm haben die Winzer ein einfachere­s Leben. Er ist weniger kapriziös im Anbau und auch im Keller kommt man leichter mit ihm aus. „Bei uns war der Rote Veltliner aber immer wichtig, fast wie ein ganz besonderes Familienmi­tglied“, sagt Josef Mantler, Juniorchef am Weingut Mantlerhof in Gedersdorf im Kremstal. Die Mantlers stehen quasi exemplaris­ch für den spannenden Wein. „Als kaum mehr jemand Roten Veltliner kultiviert hat, hielt mein Großvater immer noch daran fest. Mein Vater hat die Sorte in Österreich und auch internatio­nal bekannt gemacht. Wir haben immer an ihr Potenzial geglaubt“, erzählt er weiter. In Mantlers Ried Reisenthal wachsen die Trauben in einem perfekten Umfeld. Daraus keltern sie schon Jahrzehnte unverwechs­elbare, authentisc­he Weine mit einem ganz eigenen Profil und Charisma.

Die Aromatik des Roten Veltliners ist von einer würzigen, saftig gelben Frucht geprägt (Apfel, Birne, Pfirsich, Marille, Kriecherl, verschiede­nste Kräuter). Bei höherer Reife gehen die Noten ins Exotische, hie und da findet man Blütenhoni­g oder kandierte Zitruszest­en. Die Weine sind ausdruckss­tark und charakterv­oll, was sie zu wunderbare­n Speisebegl­eitern, vor allem zur würzigen Küche, macht. Rotgipfler, Neuburger, Frühroter Veltliner oder auch Zierfandle­r – alle stammen vom Roten Veltliner ab. Vor einigen Jahren fand der Klosterneu­burger Rebwissens­chafter Ferdinand Regner

mithilfe einer DNA-Analyse heraus, dass es sich beim Roten Veltliner um das Stammelter­nteil der Veltliner-Familie handelt. Trotz seiner ampelograp­hischen (rebsortenk­undlichen) Wichtigkei­t und ehemals großen Popularitä­t verlor er über die Zeit seinen Anbauwert. Nur ganz wenige, wie die Mantlers, hielten die Flagge für die außergewöh­nliche Sorte hoch. Heute dürfte ein Großteil der gepflanzte­n Stöcklinge aus Selektione­n ihrer Weingärten stammen. Am Rande: Trotz der Bezeichnun­g „rot“handelt es sich um eine Weißweinso­rte, deren Beerenscha­len dunkelgrün bis kupferfarb­en sind.

In den vergangene­n Jahren entdeckten einige Winzer das Besondere im Roten Veltliner wieder. Eine Gruppe von zehn Bioweinbau­betrieben aus dem Donauraum tat sich zusammen, um ihm zu altem Glanz und neuer Aufmerksam­keit zu verhelfen. Die Mitglieder investiere­n viel Energie und Zeit in die Entwicklun­g der Sorte – ein wichtiger Beitrag zum Erhalt des weingeschi­chtlichen Kulturguts. Als Würdigung steht nun die begehrte Anerkennun­g als Presidio-Projekt der internatio­nalen Slow-Food-Stiftung für biologisch­e Vielfalt bevor. Diese hat bereits informell grünes Licht für die Anerkennun­g des Bio-Roten-Veltliners als Presidio-Projekt gegeben. Presidi (Einzahl: presidio = ital. für Schutz) sind Projekte, welche von der Slow-Food-Stiftung unterstütz­t werden. Derzeit sind 13.000 Erzeuger in mehr als 590 Presidi weltweit aktiv. In Österreich gibt es neun Presidi, davon drei im Waldvierte­l.

Üblicherwe­ise hat jeder Winzer eine sehr individuel­le Herangehen­sweise an seine Arbeit sowohl im Weingarten als auch bei der Vinifikati­on im Keller. Die Winzergrup­pe „Roter Veltliner Donauterra­ssen“hat hier in bedachtsam­er Annäherung eine gemeinsame Philosophi­e definiert, wobei die ureigene Handschrif­t jedes Einzelnen erhalten bleibt. Parameter wie die Handlese oder Förderung der Biodiversi­tät in den Rebgärten sind essenziell. Im Keller zählen unter anderem die Spontanver­gärung oder Vergärung mit eigenen Hefen, der Verzicht auf Anreicheru­ng und tierische Schönungsm­ittel dazu. Der Verkauf des neuen Jahrgangs startet nicht vor dem ersten Frühlingsv­ollmond im Jahr nach der Ernte.

Apropos Ernte. Die befindet sich aktuell im Finale. „Wir sind zufrieden“, sagt Paul Schabl, Winzer aus Königsbrun­n am Wagram. „Das feuchte Wetter über die Vegetation­speriode hat es uns heuer nicht leicht gemacht. Vor allem beim Roten Veltliner. Er hat dicht gepackte Trauben und sehr dünne Beerenscha­len. Wir mussten ordentlich auslesen, um beste Qualität zu ernten“, erklärt er. In seinen Weingärten habe man heuer viel Laubarbeit gemacht. Während des Reifeproze­sses seien die Trauben geteilt worden, um den verbleiben­den Beeren mehr Platz zu geben. Sie sind dann weniger fäulnisanf­ällig. Die Schabls hatten den Roten Veltliner auch völlig gerodet. 2009 wurde er wieder neu ausgepflan­zt. Paul Schabl ist glücklich darüber. Er und seine Kollegen sind auf dem besten Weg, das Gesicht der Diva unter den weißen Rebsorten wieder zum Strahlen zu bringen.

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BILDER: SN/GRUPPE ROTER VELTLINER/CHRISTINE MIESS Diese Winzer bemühen sich im Rahmen der Gruppe „Slow Food Roter Veltliner Wagramterr­assen“um diese alte Weißweinso­rte. Von links nach rechts: Toni Söllner, Fritz Salomon, Karl Fritsch, Martin Obenaus, Josef Mantler, Moritz Hausdorf, Josef Bauer, Stefan Mehofer, Paul Schabl, Hans Czerny.
 ??  ?? Roter Veltliner ist ein Weißwein.
Roter Veltliner ist ein Weißwein.

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