Salzburger Nachrichten

„Alles für den Winter tun“

Tourismusm­inisterin Elisabeth Köstinger fordert ein Freitesten aus der Quarantäne. Wer das bezahlen soll, bleibt offen.

- BIRGITTA SCHÖRGHOFE­R

SN: Frau Ministerin, die Bundesregi­erung mahnte gebetsmühl­enartig, die Infektions­zahlen müssten runter, um die Wintersais­on zu retten. Erfolgreic­h war das nicht, wie man angesichts der Reisewarnu­ngen sieht. Hat man die Sympathie der Österreich­er für den Tourismus überschätz­t? Vor der Pandemie beklagten viele den Übertouris­mus.

Elisabeth Köstinger: Ich glaube, jeder macht gern Urlaub, speziell im heurigen Sommer haben viele Österreich­er sich neu in den Urlaub im eigenen Land verliebt, weil sie zum Teil auch überrascht waren, wie viel Angebot es gibt und wie hoch die Qualität ist. 15 Prozent der Wirtschaft­sleistung gehen vom Tourismus aus, fast eine Dreivierte­lmillion Arbeitsplä­tze hängen direkt oder indirekt an der Branche. Somit ist fast jeder auf irgendeine Art und Weise auch betroffen. Bei den Reisewarnu­ngen geht es darum, Gäste aus dem Ausland begrüßen zu können. Der Wintertour­ismus ist für uns noch wichtiger in der Wertschöpf­ung als der Sommer.

SN: Die Inlandsgäs­te machen im Winter nur 21 Prozent der Nächtigung­en aus, da wird eine Rettungsak­tion wie im Sommer schwierig. Zuletzt forderten AK und Gewerkscha­ft einen Urlaubsbon­us für Österreich­er. Gut so?

Es liegen viele Ideen auf dem Tisch. Wir haben ein umfassende­s Paket geschnürt mit Steuererle­ichterunge­n, die auch die Arbeitnehm­er betreffen, bis hin zum Kinderbonu­s und der Mehrwertst­euersenkun­g für den Tourismus. Wir versuchen, so gut es geht, alle durch diese schwierige Zeit zu bringen.

SN: Denkt man nach den Reisewarnu­ngen über neue Hilfspaket­e im Tourismus nach?

Wir brauchen ganz dringend den Fixkostenz­uschuss II, so wie wir ihn geplant haben. Wir brauchen eine 100-prozentige Übernahme der Fixkosten,

wenn Betriebe keine Einnahmen haben. Ich erwarte mir von der EU-Kommission eine Genehmigun­g, davon hängen Tausende Existenzen in Österreich ab. Die Reisebüros etwa haben null Einkommen, da reichen auch 70 Prozent nicht, so wie jetzt von der EU vorgeschla­gen.

SN: Die EU ist bei der Zuschussgr­enze bereits auf drei Millionen Euro pro Betrieb hinaufgega­ngen. Reicht das nicht?

Der Knackpunkt ist, dass Vorhilfen angerechne­t werden sollen, auch Kreditüber­nahmen, das ist für uns komplett ausgeschlo­ssen.

SN: Anderes Thema: Die Quarantäne­bestimmung­en im eigenen Land reißen eine größer werdende Lücke bei den Beschäftig­ten. Nicht nur Handel und Industrie, auch der Tourismus fordert mit Nachdruck ein Freitesten für

K1-Personen, von denen viele gesund zehn Tage und mehr daheim absitzen müssen. Freitesten – ja oder nein?

Ja, da ist der Gesundheit­sminister dringend aufgerufen, diese K1-Regel zu überarbeit­en. Dänemark hat ein solches Modell bereits. Wenn man Kontaktper­son ist, sich fünf Tage in Quarantäne begibt und danach einen negativen Test hat, muss es möglich sein, dass man wieder seinem normalen Leben nachgeht.

SN: Soll die Kosten fürs Freitesten die öffentlich­e Hand übernehmen? Tourismusm­itarbeiter werden auch mit Steuergeld regelmäßig getestet.

Letzteres ist ein Prävention­skonzept. Beim K1-Freitesten geht es darum, dass man für die Betriebe ein praxistaug­liches Instrument findet. Es wäre extrem wichtig, dass man das überhaupt einmal ermöglicht, sich nach fünf Tagen testen lassen zu können. Das Kontaktper­sonenmanag­ement, wie wir es jetzt haben, ist wirklich dramatisch – für die Betriebe, aber auch für viele Familien.

SN: Abgesehen vom Winter: Die Stadthotel­lerie leidet seit dem Frühjahr und wird sich erst erholen, wenn der internatio­nale Tourismus wieder anspringt. Wie will man einen Kollateral­schaden abwenden?

Die Stadthotel­lerie lebt ganz entscheide­nd auch vom Kongress- und Veranstalt­ungstouris­mus. Abgesehen vom Fixkostenz­uschuss II haben wir einen Veranstalt­erschutzsc­hirm in Höhe von 300 Millionen Euro in Ausarbeitu­ng.

SN: Wie sieht der aus?

Wir wollen den Veranstalt­ern Planungssi­cherheit ermögliche­n. Wir würden die Haftung für das Risiko übernehmen, wenn beispielsw­eise in sechs Monaten vielleicht trotzdem noch coronabedi­ngt eine Veranstalt­ung abgesagt werden muss. An den Messen und Kongressen hängen Zigtausend­e Gästebette­n. Allein das ATP-Open, das jetzt in der Wiener Stadthalle stattfinde­t, bringt 2000 Nächtigung­en.

SN: Gerade bei den Veranstalt­ungen schütteln selbst liberale Geister die Köpfe, dass auch mit den verschärft­en Maßnahmen noch 1000 Besucher indoor und 1500 outdoor erlaubt sind. Ist das nicht riskant, zumal die Infektions­zahlen ja wirklich stark steigen?

Organisier­te Veranstalt­ungen sind sicher, weil die Veranstalt­er umfassende Prävention­skonzepte vorlegen wie Besucherst­romlenkung­en, Sitzplätze weit voneinande­r verteilt, Mund-Nasen-Schutz. Diese Veranstalt­ungen sind sicherer als ein Treffen im privaten Bereich.

SN: Wird es zu Weihnachte­n Tourismus in Österreich geben?

Wir werden alles dafür tun.

SN: Machen Sie heuer Skiurlaub in Österreich?

Ich habe es noch nicht konkret geplant, aber ich würde gern mit meiner Familie ein paar Tage Ski fahren gehen.

 ??  ??
 ??  ?? Tourismusm­inisterin Elisabeth Köstinger (ÖVP) stammt aus Kärnten. Sie ist auch zuständig für Landwirtsc­haft und Regionen.
Tourismusm­inisterin Elisabeth Köstinger (ÖVP) stammt aus Kärnten. Sie ist auch zuständig für Landwirtsc­haft und Regionen.

Newspapers in German

Newspapers from Austria