Die Anmutung eines Staatsstreichs
Vom BVT-Skandal bleibt nicht viel übrig. Außer der Gewissheit, dass hier ein blauer Minister seine Position missbrauchte.
Eine möglicherweise nicht rechtskonforme Observation der nordkoreanischen Botschaft. Eine möglicherweise unerlaubte Datenabfrage. Und private Kaffeehausrechnungen, die möglicherweise unerlaubt dienstlich verrechnet wurden: Das ist es also, was vom Skandal um das Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT) bisher übrig blieb. Zumindest finden sich diese Punkte in der Anklageschrift, die die zuständige Staatsanwaltschaft jetzt fertiggestellt hat.
Die besagten Delikte, die da – möglicherweise, denn es gilt die Unschuldsvermutung – begangen wurden, sollen nicht kleingeredet werden. Amtsmissbrauch bleibt Amtsmissbrauch. Ruft man sich freilich in Erinnerung, mit welch schwerem Geschütz der damalige Innenminister Herbert Kickl seinerzeit das BVT sturmreif schoss, stellt sich die Frage, ob der Amtsmissbrauch nicht beim nunmehrigen FPÖ-Klubobmann und selbst ernannten Saubermann zu suchen ist. Kickl, unterstützt von einer willfährigen Staatsanwaltschaft, überfiel die Verfassungsschützer mit einer Razzia, durchgeführt von einer Polizeieinheit, die zwar nicht zuständig war, dafür aber von einem freiheitlichen Lokalpolitiker angeführt wurde. Im Zuge dieser Razzia wühlte sich die Kickl-Kavallerie durch heikelste Unterlagen und beschlagnahmte sensibelste Daten. Später wurde die Razzia vom Gericht als „rechtswidrig“eingestuft. Der eigens eingesetzte Untersuchungsausschuss kam zu einem ähnlichen Ergebnis. Der Ruf des BVT bei seinen internationalen Partnerorganisationen war nachhaltig beschädigt, denn niemand kooperiert mit einem Nachrichtendienst, dessen Amtsräume und Informationen nicht vor rechtswidrigen Razzien sicher sind.
Man soll mit solchen Zuschreibungen vorsichtig sein. Doch bei aller gebotenen Zurückhaltung muss konstatiert werden: Die Aktion des damaligen FPÖInnenministers gegen das BVT hatte die Anmutung eines Staatsstreichs. Ein Minister, der mit fragwürdiger Begründung einen parteipolitisch punzierten Polizeitrupp in eine der heikelsten Behörden des Landes einmarschieren lässt, der Beamte einschüchtern und Akten entfernen lässt und den Chef der Behörde an die Luft setzt, passt nicht in die demokratische Landschaft der Zweiten Republik. Einerlei, könnte man jetzt sagen, der Mann ist ohnehin nicht mehr Minister und die Blauen sind ohnehin nicht mehr in der Regierung. Richtig. Doch ohne Ibiza würde der Innenminister wohl immer noch Herbert Kickl heißen. Eine schauderhafte Vorstellung.