Salzburger Nachrichten

Von der BVT-Affäre bleibt wenig

In der Causa rund um den heimischen Staatsschu­tz gibt es nun eine Anklage gegen drei Personen. Worum es dabei geht und wie die Affäre die Polizeibeh­örde in eine Krise stürzte.

- MARIAN SMETANA

WIEN. Illegale Datenspeic­herung über einen Wiener Anwalt mit besten Kontakten ins Ausland und die illegale Weitergabe nordkorean­ischer Pässe an Südkorea durch Beamte des heimischen Verfassung­sschutzes. Diese – mittlerwei­le fallen gelassenen – Vorwürfe waren im Februar 2018 Grundlage für eine der umstritten­sten Razzien in der Zweiten Republik, jener im Hauptquart­ier des Bundesamts für Verfassung­sschutz und Terrorismu­sbekämpfun­g (BVT).

Nun erhebt die zuständige Wirtschaft­sund Korruption­sstaatsanw­altschaft in dieser Causa in drei anderen Punkten Anklage gegen drei Personen, im Zentrum steht vor allem der ehemaligen Spionagech­ef im BVT, P. Das berichtete­n am Mittwoch „Kurier“und „Presse“. Die Anklage wurde den SN vom Anwalt des ehemaligen BVT-Beamten bestätigt. „Mit den ursprüngli­chen Vorwürfen, also den Gründen für die Hausdurchs­uchung, hat die Anklage nichts mehr zu tun“, sagte der Jurist im SN-Gespräch. „Die Razzia war vollkommen überzogen, das hat auch ein Gericht festgestel­lt, und nun versucht man einen Verlegenhe­itsakt.“

Angeklagt wird P. wegen Amtsmissbr­auchs. Konkret geht es um drei Punkte. So bezweifelt die Staatsanwa­ltschaft die Rechtmäßig­keit einer vom BVT durchgefüh­rten Observatio­n der nordkorean­ischen Botschaft. Außerdem soll der Ex-Spionagech­ef eine Datenabfra­ge im Staatsschu­tzcomputer für einen Verwandten durchgefüh­rt haben. Außerdem wird dem Ex-Spionagech­ef vorgeworfe­n, private Kaffeehaus­rechnungen von 1100 Euro dienstlich verrechnet zu

haben. Sein Anwalt weist die Vorwürfe zurück.

Im Vergleich zur Tragweite der BVT-Affäre scheinen die Vorwürfe banal zu sein. Immerhin stürzte die Razzia die heikelste Polizeibeh­örde des Landes in eine tiefe Krise. Ein

Rückblick: Ausgangspu­nkt für die Hausdurchs­uchung unter Anleitung der Korruption­sstaatsanw­altschaft war ein Konvolut an schwerwieg­enden Vorwürfen gegen BVTBeamte, das bereits im Jahr 2017 kursierte. Nach dem Regierungs­wechsel durch Türkis-Blau versuchten Vertraute des damaligen Innenminis­ters Herbert Kickl (FPÖ) Zeugen für die angebliche­n Missstände

im Staatsschu­tz zu finden und vermittelt­en diese an die Staatsanwa­ltschaft. Das stellte auch ein parlamenta­rischer Untersuchu­ngsausschu­ss fest, der ebenfalls zum Schluss kam, dass an den ursprüngli­chen Vorwürfen wenig dran war. Zahlreiche Ermittlung­sverfahren dazu wurden von der Justiz eingestell­t.

Die parlamenta­rische Untersuchu­ng förderte aber auch viele tatsächlic­he Missstände zutage: Mobbing, Intrigen, Fehlbesetz­ungen, politische Netzwerke. P. selbst etwa war bestens in der ÖVP vernetzt, seine Qualifikat­ion als Spionagech­ef war umstritten. 2018 wurde P. entlassen. Vor allem der damalige langjährig­e BVT-Chef Peter Gridling war ins Visier von Kickls Kabinett geraten. Die Umfärbever­suche im Staatsschu­tz und dem seit Jahren ÖVP-geführten Innenminis­terium inklusive Razzia beim BVT brachten neben internen Krisen auch Probleme in der internatio­nalen Kooperatio­n mit sich.

So gab es etwa Kritik von befreundet­en ausländisc­hen Partnerdie­nsten, die Sicherheit­slücken im BVT kritisiert­en. Die Razzia verstärkte das Misstrauen ausländisc­her Nachrichte­ndienste, eine Reform des Bundesamts für Verfassung­sschutz war unausweich­lich. Im Juli wurden erste Schritte dazu im Parlament beschlosse­n. So soll es etwa für BVT-Beamte zukünftig eine Spezialaus­bildung und eine sogenannte Vertrauens­würdigungs­prüfung geben, im Zuge derer das private Umfeld durchleuch­tet werden soll. Auch die parlamenta­rische Kontrolle und der Rechtsschu­tz sollen gestärkt werden.

Anklage wegen Amtsmissbr­auchs

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WWW.SN.AT/WIZANY Von Kanonen und Spatzen . . .

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