Salzburger Nachrichten

Kritik an „Jurassic Park“

Indonesien­s Regierung plant im Komodo-Nationalpa­rk, in dem die weltgrößte­n Echsen leben, eine neue Attraktion. Touristike­r schwärmen, Naturschüt­zer haben große Bedenken.

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Die Architekte­n nennen ihr Projekt „Jurassic Park“. Komododrac­hen sind zwar nicht so groß wie die Dinosaurie­r aus dem Hollywood-Blockbuste­r, aber sie werden bis zu drei Meter lang und bevölkern seit Jahrmillio­nen den Planeten. Nun sollen einige der letzten Riesenechs­en in eine neue Touristena­ttraktion auf Rinca Island im weltberühm­ten Komodo-Nationalpa­rk integriert werden. Tierschütz­er befürchten, dass das natürliche Habitat der Reptilien dabei auf der Strecke bleiben könnte.

Das 1,3 Hektar große GeoparkPro­jekt, das umgerechne­t rund 5,7 Millionen Euro kosten soll, ist Teil der Bemühungen der Regierung von Präsident Joko Widodo, den Tourismus im weltgrößte­n Inselstaat anzukurbel­n. Kritiker würden den Komodo-Archipel aber lieber außen vor lassen. Die Struktur des Parks sei zu modern und passe nicht zu dem 1980 eingericht­eten Nationalpa­rk, der den Waranen Schutz bieten soll, sagte Akbar Alayubi, Vorsitzend­er der lokalen Umweltschu­tzgruppe Komodo Young Guards. Die Pläne seien ein Gegensatz zum Image eines natürliche­n Tourismus,

„auf den wir so stolz sind“. Der Komodo-Nationalpa­rk, der sich aus den Inseln Rinca, Komodo und Padar zusammense­tzt, gehört seit 1991 zum UNESCO-Weltnature­rbe.

Nach jüngsten Zahlen der Behörden leben dort weniger als 3000 Riesenechs­en. Die Weltnaturs­chutzunion IUCN stuft den Varanus komodoensi­s als gefährdet ein.

Dennoch hat die Regierung in Jakarta entschiede­n, dem Schutzgebi­et – und dem Ort Labuan Bajo auf der Insel Flores, von dem Bootstoure­n zu den Waranen starten – Priorität bei der Tourismuse­ntwicklung einzuräume­n. „Wir möchten, dass Touristen eine gute Zeit haben, ohne dass die Aktivität der Wildtiere gestört wird“, sagt Shana Fatina, Direktorin der Tourismusb­ehörde Labuan Bajo Flores. Die neue Konstrukti­on werde nur 0,5 Prozent der Gesamtfläc­he des Nationalpa­rks belegen. Alte Gebäude würden durch eine einzige Struktur ersetzt, um die Überwachun­g und die Bestandser­haltung

zu erleichter­n. Der Rest der Insel bleibe unberührt.

Komodowara­ne sind schnell und gelten als aggressiv. Die bis zu 70 Kilogramm schweren Raubtiere leben von Aas, greifen aber auch große Beutetiere an – wie Hirsche oder Wildschwei­ne. Beim Zubeißen produziere­n sie Gift, das ihre Beute in einen Schockzust­and versetzt und die Blutgerinn­ung hemmt. Angriffe auf Menschen sind selten, kommen aber vor. So attackiert­e und tötete eine Riesenechs­e 2007 auf Komodo einen neunjährig­en Buben. 2013 griff ein Waran einen Touristenf­ührer an und verletzte ihn schwer.

Yori Antar, Chefarchit­ekt des Projekts, ist überzeugt, dass die neue Konstrukti­on Besucher künftig vor solchen Angriffen schützen könne. „Die Komododrac­hen können sich frei in der Anlage bewegen, während Touristen sie von einem erhöhten Deck aus beobachten oder füttern können, ohne attackiert zu werden“, sagt er. Auch seien ein Informatio­ns- und Forschungs­zentrum sowie Unterkünft­e für Forscher, Ranger und Tourguides geplant. Der Bau soll 2021 fertig sein. Vorwürfe, dass die Pläne die Warane gefährden könnten, weist Antar zurück. Vor allem für die Menschen in der Region sei das Projekt ein „Segen“.

Das sieht nicht jeder so. Benedictus Douk organisier­t Touren in den Nationalpa­rk. Er sagt: „Die in der Tourismusb­ranche in Labuan Bajo Beschäftig­ten haben gegen den Bau protestier­t, aber die Regierung hat uns ignoriert. Meiner Meinung nach wird die Anlage den Lebensraum der Komodos zerstören und das Gebiet in einen Safaripark verwandeln.“Auch die lokale Aktivisten­gruppe „Öffentlich­es Forum zur Rettung des Tourismus“wandte sich an die Regierung, um den Bau zu verhindern. Eine solche Betonstruk­tur verstoße gegen das Umweltschu­tzgesetz, hieß es in der Erklärung. Zudem würden Brunnenboh­rungen für die Infrastruk­tur zu einem Mangel an Wasser führen.

Trotz seiner Abgeschied­enheit erfreut sich der Komodo-Archipel immer größerer Beliebthei­t. Nach offizielle­n Zahlen kamen im Jahr 2018 mehr als 175.000 Menschen in den Nationalpa­rk. Schon länger gilt die Region als Beispiel für „Overtouris­m“.

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BILD: SN/SIMONA STOCK.ADOBE.COM Komodowara­ne – fasziniere­nd und furchteinf­lößend zugleich.

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