Salzburger Nachrichten

Halloween nur mit Abstand

Süßes oder Saures in Coronazeit­en: Warum eine Kinderpsyc­hologin davor warnt, das Fest ersatzlos zu streichen – und ein Umweltmedi­ziner empfiehlt, das Hirn einzuschal­ten.

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WIEN. Auf den kommenden Samstagabe­nd fiebern seit Monaten Zehntausen­de Kinder in Österreich hin. Denn Halloween ist längst ein Fixtermin am Kalender der alljährlic­hen Feierlichk­eiten. Verkleidet als Zombies oder Skelette und in Gruppen zieht man von Haus zu Haus, um Süßigkeite­n zu ergattern. Ob das am 31. Oktober 2020 auch so sein wird, ist allerdings zu bezweifeln. Das Coronaviru­s könnte zum großen Spiel- und Spaßverder­ber werden.

Grundsätzl­ich gilt: Verbot gibt es keines. Das Gesundheit­sministeri­um empfiehlt: „Veranstalt­en Sie die Süßigkeite­njagd für Ihre Kinder dieses Jahr lieber bei sich zu Hause.“Und falls man doch das Haus verlässt: „Seien Sie kreativ und machen Sie die Maske zum Teil Ihres Kostüms.“Und man soll nicht böse sein, wenn die Nachbarn aus Sorge vor einer Ansteckung nicht die Tür öffnen.

Auch von Innenminis­ter Karl Nehammer (ÖVP) kam am Mittwoch der Appell, trotz Halloween zu Hause zu bleiben. Gleichzeit­ig kündigte er verstärkte Kontrollen in der Nacht auf Sonntag an.

Umweltmedi­ziner Hans-Peter Hutter von der MedUni Wien spricht sich gegen ein Verbot und für „das Einschalte­n des Hirns“aus: „Man muss sein Verhalten eben anpassen.“Hutter empfiehlt „mindestens zwei Meter Abstand“bei der Übergabe der Süßigkeite­n. Und es sollten sich keine großen Gruppen bilden. „Kinder aus demselben Haushalt oder derselben Schulklass­e.“Der Beutezug müsse ja auch nicht ausufern. Auch ein paar Mal klingeln reiche schon aus, um ein

Halloween-Gefühl entstehen zu lassen. „Es bleibt halt die Frage, wer überhaupt öffnet“, gibt Hutter zu bedenken. „Es ist insgesamt eine sehr wacklige Geschichte.“Fazit des Umweltmedi­ziners: „Man muss nicht gleich alles absagen, aber man sollte bei allem, was man im Moment tut, nachdenken.“

Ob man nun gänzlich aufs Süßigkeite­nsammeln verzichtet oder sich für eine abgespeckt­e Version samt Schutzmask­e und Abstand entscheide­t: Den Kindern droht in jedem Fall eine weitere coronabedi­ngte Enttäuschu­ng.

Kinderpsyc­hologin Ines Sindelar rät zu rechtzeiti­ger Kommunikat­ion: „Am besten ist ein offenes Gespräch. Dabei haben die Kinder vielleicht sogar eigene Ideen, wie man es anders gestalten könnte. Das geht bis hin zum Vorschlag, Halloween überhaupt ausfallen zu lassen. Wir unterschät­zen oft die Kompetenze­n unserer Kinder, die machen sich ihre ganz eigenen Gedanken. Viele sind da schon sehr weit.“

Auf keinen Fall sollten Eltern von sich aus Halloween ersatzlos streichen: „Das wäre das Schlimmste. Es geht darum, diesem Tag eine Bedeutung zu geben. Dass man tagsüber rausgeht und am Abend dann einen Film anschaut. Man könnte sich auch via Zoom-Konferenz untereinan­der Gruselgesc­hichten erzählen.“Im Halloween-Vorteil sieht die Kinderpsyc­hologin die ländlichen Regionen. „In kleinen Gemeinden kann man mit Mundschutz und Abstand vielleicht eine kleine Runde drehen. In der Stadt würde ich das nicht empfehlen.“

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BILD: SN/LUCKYBUSIN­ESS - STOCK.ADOBE.COM Halloween wird 2020 wohl eher daheim gefeiert.

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