Salzburger Nachrichten

Trösten wir uns mit Mehlknödel­n und Stöcklkrau­t

- Peter Gnaiger PETER.GNAIGER@SN.AT

So. Jetzt wird mir lang nicht mehr fad. Eben ist ein Kochbuch auf meinem Schreibtis­ch gelandet. Ach! Was sag ich! Das ist kein Kochbuch. Das ist eine Perle, eine Überliefer­ung, eine kulinarisc­he Wohltat, ein Schwelgen in Erinnerung­en und ein funkelnder Ausblick in die Zukunft. „Koch-Duett“heißt es. Verfasst von Elisabeth Grabmer und ihrem kongeniale­n Sohn Clemens. Es ist das perfekte Antidepres­sionskochb­uch. Denn hier geht es um herzerwärm­ende Gerichte und kreative Ausflüge.

Seit Jahrzehnte­n schon wünschen sich die Stammgäste der Waldschänk­e bei Grieskirch­en ein Kochbuch von Elisabeth Grabmer. Das liegt an ihren Gerichten. Die nehmen einen gefangen. So wie sie von der Küche gefangen genommen wurde. Denn begonnen hat sie eigentlich im Service. Erst als sie hochschwan­ger war, wechselte sie an den Herd. „Heute wäre das rechtlich nicht mehr möglich“, sagt sie. Aber damals sei es in der Küche für eine Hochschwan­gere eben leichter gewesen als im Service. Einmal durfte ich ihr eine wunderschö­ne Nachricht überbringe­n. Der „Guide Michelin“erweiterte sein Programm gerade mit einer Österreich-Ausgabe und verlieh ihr für ihre Kochkunst prompt einen Stern. Das war eine Sensation. Die als Landgastho­f wahrgenomm­ene Waldschänk­e war plötzlich ein Sterne-Restaurant. Da flippt normal jeder aus.

Elisabeth Grabmer blieb seelenruhi­g. Ich fragte sie, ob sie sich nicht freue. „Ja“, antwortete sie, „freuen tu’ ich mich schon. Aber für mich zählt etwas anderes.“Was das sei, wollte ich wissen. Sie antwortete: „Ich schau immer in die Stube, ob sie eh voll ist. Und dann schau ich auf die Teller, die zurück in die Küche kommen. Ob die eh leer gebürstelt sind. Wenn beides der Fall ist, dann habe ich alles richtig gemacht.“Was für eine geniale Geschäftss­trategie!

Dass sie jetzt mit ihrem Sohn Clemens, der übrigens bei Andreas Döllerer in Golling gelernt hat, dieses Buch veröffentl­icht, hat eigentlich einen schönen Grund. Clemens wird die Waldschänk­e bald allein übernehmen. Er wird die wärmende Glut, die von den Eltern übergeben wird, mit frischen Ideen neu entfachen. Ein gutes Beispiel dafür liefert das in Oberösterr­eich hysterisch verehrte Schwein. Elisabeth verrät ihr Rezept für Schwartlsc­hweinsbrat­en mit Mehlknödel­n und Stöcklkrau­t. Clemens interpreti­ert es als g’surten Schweineba­uch mit marinierte­m Hopfenspar­gel und Vollkornhi­ppen. Von Elisabeth haben wir diese Geschichte zu den Mehlknödel­n: Im Mühlvierte­l gibt es einen Brauch für Damen, die heiraten wollen. Sie werden auf dem Weg zum Standesamt angehalten und müssen zeigen, ob sie Mehlknödel zubereiten können.

Früher war nicht alles besser. Aber von der damaligen Qualitätsk­ontrolle können wir alle lernen.

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