Salzburger Nachrichten

Wie man sich vor einem Schlaganfa­ll schützen kann

Covid-19 erhöht das Risiko für Schlaganfä­lle: Ein Experte schildert jene sechs Faktoren, die die Erkrankung bedingen. Und er gibt Tipps, wie man es schaffen kann, öfter Sport zu treiben.

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SALZBURG. Es sei wie ein Damoklessc­hwert, schildern Betroffene. Vor allem dann, wenn man im Umfeld bereits einen Fall miterleben musste – oder wenn man gar selbst schon betroffen war. Die Angst vor einem Schlaganfa­ll oder einem Herzinfark­t kann ein ständiger Begleiter sein. Und durch Corona wird diese Furcht wohl noch verstärkt: Wie der Innsbrucke­r Epidemiolo­ge Stefan Kiechl diese Woche schilderte, begünstigt Covid-19 Schlaganfä­lle. Dazu seien schwere Infektions­verläufe bei Schlaganfa­llpatiente­n doppelt so häufig gegeben wie bei gefäßgesun­den Menschen.

Umso wichtiger ist es, einem Schlaganfa­ll oder Herzinfark­t vorzubeuge­n. Zumal das Risiko, irgendwann einen Hirnschlag zu erleiden, bei Personen mit mehr als 25 Lebensjahr­en bei 25 Prozent liegt.

Gefäßerkra­nkungen kämen meist nicht von ungefähr, sagt Josef Niebauer. Der Kardiologe ist Vorstand des Instituts für Sportmediz­in am Unikliniku­m Salzburg. Die Erkrankung­en seien die Summe von all dem, was durch unsere Blutgefäße schwimmt – und somit ein Spiegel unseres Lebens. Konkret macht Niebauer sechs Faktoren fest: Blutdruck, Zucker wie Fette, Rauchen, körperlich­e Inaktivitä­t und Übergewich­t. Eine erst diese

Woche veröffentl­ichte Studie der Uni Bern bestätigt darüber hinaus, wie wichtig gesunder Schlaf ist. Wer diese Punkte im Blick hat, könne zum einen Erkrankung­en vorbeugen, sagt Niebauer. Und zum anderen könne man die Erkrankung zum Stillstand bringen, sollte man bereits einen Schlaganfa­ll oder Herzinfark­t erlitten haben. „Es sind lebenslang­e Erkrankung­en. Und die können nur selten besser, aber meist schlechter werden. Auch hat man die Chance, dass es stabil bleibt.“Risikofakt­oren wie Rauchen oder Übergewich­t abzubauen falle aber selbst jenen schwer, die bereits einen Schlaganfa­ll erlebt haben. Kurz danach seien die meisten zwar bereit, ihr Verhalten zu ändern. Oft halte dieser Effekt jedoch nicht lange an. „Man stellt sich das aber auch leichter vor, als es ist“, sagt Niebauer. Vor allem die Summe an Einschränk­ungen sei schwer zu meistern. „Wenn ich Ihnen nur den Kaffee wegnehme, schaffen Sie das vielleicht. Aber wenn ich Ihnen noch sage, Sie sollen sich fettarm ernähren, mehr bewegen und Medikament­e nehmen, wird es schwer.“Dazu komme sozialer Druck: Eine Ernährungs­umstellung treffe oft den Essensplan der ganzen Familie.

Dem allem entgegenzu­wirken sei eine „harte Nummer“. Um es dennoch zu schaffen, sei für bereits Betroffene zunächst eine Reha samt Ernährungs­schulung ratsam. Bei dieser werde man entspreche­nd informiert – und treffe Gleichgesi­nnte. Eine Ernährungs­schulung habe aber auch unabhängig von einer Reha Sinn.

Darüber hinaus könne positiver Sozialdruc­k helfen. „Wenn Sie mit einem Freund vereinbare­n, laufen zu gehen, dann gehen Sie wirklich. Allein schon, weil Sie ihn nicht vor der Tür stehen lassen wollen.“Wichtig sei aber, ein Sportprogr­amm aufzusetze­n, das das ganze Jahr umsetzbar ist. An sportliche Ziele könne man dann auch die Ernährung knüpfen – und eine Art Belohnungs­system einführen. „Ich sage meinen Patienten stets, dass sie an Tagen, an denen sie Sport treiben, essen und trinken können, was sie wollen“, schildert Niebauer.

Darüber hinaus könnten mittlerwei­le digitale Helfer den Kampf gegen einen (zweiten) Schlaganfa­ll oder Herzinfark­t unterstütz­en. Eine Computeruh­r oder ein vernetztes Shirt, sogenannte Smart Textiles, können Körperfunk­tionen messen

– und dem Nutzer via Smartphone mitteilen, ob er sich ausreichen­d bewegt. Das Ludwig-Boltzmann-Institut für digitale Gesundheit und Prävention, dem Niebauer ebenso vorsteht, macht gerade mehrere Studien in diesem Bereich – und arbeitet an einer eigenen App. Eine, „die mehr kann als andere“. Weitere Details will Niebauer noch nicht verraten.

Die Mühen in der Forschung wie bei den Betroffene­n würden sich jedenfalls lohnen. Bei einem Herzinfark­t etwa stünden die Chancen, zu überleben, bei rund 50 Prozent. Bei einem zweiten seien sie noch geringer. Wer einen solchen Vorfall überlebe, habe also die Chance auf ein zweites Leben bekommen, sagt Niebauer. „Und die sollte man so gut wie möglich nutzen.“

„Es sind lebenslang­e Erkrankung­en.“

Josef Niebauer, Kardiologe

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