Ein „Lockdown light“soll die Pandemie eindämmen
Da die Zahlen rasant steigen und sich die Lage in den Spitälern gefährlich zuspitzt, dürfte die Regierung die Maßnahmen gegen Corona deutlich verschärfen.
WIEN. Die Zeichen mehren sich, dass Österreich, ähnlich wie Deutschland, im November das soziale und wirtschaftliche Leben wieder deutlich herunterfährt. In Regierungskreisen will niemand von einem neuen Lockdown sprechen, wie ihn Österreich im Frühling dieses Jahres erlebte. Es könnte aber ein „lockdownähnlicher
Zustand“sein, hörten die SN. Österreich könnte sich an Deutschland orientieren, wo am Mittwoch neue Maßnahmen beschlossen wurden: So soll im gesamten deutschen Bundesgebiet im November die Gastronomie geschlossen bleiben. Kontakte in der Öffentlichkeit sowie Feiern im Freien und in Wohnungen werden stark eingeschränkt. Offen bleiben sollen nur Schulen und Kindergärten, der Handel sowie Friseurgeschäfte. Profisport soll nur noch ohne Zuseher stattfinden. Kulturveranstaltungen müssen abgesagt werden.
Welche Restriktionen in Österreich umgesetzt werden, dürfte die Bundesregierung in den kommenden Tagen bekannt geben. Grund für die neuen Restriktionen ist die angespannte Lage in den Spitälern, wo teilweise bereits nicht lebenswichtige Operationen verschoben werden. Die Regierung fürchtet, dass ohne energisches Gegensteuern die Lage außer Kontrolle gerät.
Hauptausschuss muss zustimmen
WIEN. In Österreich dürften angesichts der hohen Infektionszahlen und der immer stärker unter Druck kommenden Spitäler weitere Verschärfungen der Coronarestriktionen bevorstehen. In Regierungskreisen ist von „lockdownähnlichen Maßnahmen“, die gesetzt werden müssten, die Rede.
Die Einschränkung des öffentlichen Lebens werde aber nicht so dramatisch sein wie im Frühjahr, erfuhren die SN. Vielmehr werde Österreich ähnliche Maßnahmen setzen, wie sie in Deutschland ab 2. November gelten sollen. Die haben es freilich in sich. Bund und Länder haben sich am Mittwoch auf harte Einschnitte geeinigt, die von der Bundesregierung vorgeschlagen worden waren. Demnach werden Gaststätten, Bars, Clubs, Theater, Kinos, Fitnessstudios sowie Massage- und Kosmetikstudios für vier Wochen dicht gemacht. Öffentliche Zusammenkünfte werden eingeschränkt, Zuschauer in der Bundesliga wieder verboten. Offen bleiben nur Schulen und Kindergärten, der Groß- und Einzelhandel sowie Friseurgeschäfte.
Wann die neuen Maßnahmen verkündet werden, ist offen. Anbieten würde sich ein Termin rund um das kommende Wochenende. Ursache der bevorstehenden Verschärfung der Restriktionen ist die Lage in den Spitälern. Bei einem weiteren ungebremsten Anstieg der Coronazahlen drohen die Betten in relativ kurzer Zeit knapp zu werden. Und auch beim Krankenhauspersonal, von den Ärzten bis zu den Pflegern, drohen Engpässe. Immer mehr Krankenhäuser gehen bereits dazu über, nicht lebensnotwendige Operationen aufzuschieben.
Die rechtliche Basis für die bevorstehenden „lockdownähnlichen Maßnahmen“liefert das novellierte Covid-19-Maßnahmengesetz, das seit 25. September in Kraft ist. Darin ist geregelt, wann es zu scharfen
Einschränkungen kommen kann. In einer ersten Stufe sind Betretungsbeschränkungen (von Betriebs- und Arbeitsstätten, von „bestimmten“und öffentlichen Orten) vorgesehen: Sie können dann erlassen werden, wenn dies zur Verhinderung der Verbreitung von SARS-CoV-2 erforderlich ist, weil andere Maßnahmen nicht mehr ausreichen. Hilft das nichts, können Betretungsverbote ausgesprochen werden (für maximal vier Wochen). Hilft auch das nichts, bleiben als letztes Mittel Ausgangsverbote: Möglich sind sie dann, wenn sie „unerlässlich“sind, um einen drohenden Zusammenbruch der medizinischen Versorgung oder „ähnlich gelagerte Notfälle“zu verhindern. Gelten dürfen Ausgangsverbote maximal zehn Tage. Insbesondere bei den Verboten bleibt ein relativ großer Interpretationsspielraum. Fix ist aber: Die Regierung kann sie nicht allein verfügen. Es muss das Einvernehmen mit dem
Hauptausschuss des Nationalrats gesucht werden. Einzige Ausnahme: Gefahr in Verzug. Nur in diesem Fall darf die Zustimmung des Hauptausschusses nachträglich eingeholt werden, das spätestens binnen vier Tagen.
Die Adaptierung des Covid-19Maßnahmengesetzes war unter anderem deshalb notwendig geworden, weil die während des Lockdowns im Frühjahr geltenden Ausgangsbeschränkungen im Nachhinein vom Verfassungsgerichtshof aufgehoben worden waren. Zugleich sollte das neue Gesetz eine solidere Basis für die Erlassung von Coronaverordnungen bieten. Ob das geklappt hat, dürfte sich nun bald weisen. Für die entsprechenden Verordnungen von bundesweiter Gültigkeit ist jedenfalls das Gesundheitsministerium zuständig.
Dass es in den Bundesländern – und da wieder regional – zu unterschiedlich starken Restriktionen kommen kann (und längst kam), hat das Covid-19-Maßnahmengesetz ebenfalls im September klargestellt. Die Landesbehörden bekamen darin ausdrücklich die Möglichkeit, strengere Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie zu ergreifen. Sie taten das recht unmittelbar, man erinnere sich an die Vorverlegung der Sperrstunde auf 22 Uhr im Westen oder die zügige Einführung der Registrierungspflicht in der Gastronomie in Wien; einem Beispiel, dem rasch gefolgt wurde. Genützt haben all die seit September in Kraft getretenen regionalen und bundesweiten Verschärfungen offenbar nichts, andernfalls würden die Infektionszahlen nicht derart rapide steigen.
Noch einmal kurz zurück zu den Coronagesetzen: Sie lieferten auch
Am Donnerstag wird die Ampel neu geschaltet
die rechtliche Basis für die CoronaAmpel. Die Ampelschaltungen erfolgen jeweils Donnerstagabend. Zuständig dafür ist die sogenannte Ampelkommission. Vergangene Woche leuchteten bereits 25 Bezirke in Rot auf. In den Spitälern hat sich die Zahl der Covid-Patienten binnen zwei Wochen mehr als verdoppelt.