TV-Sender kappten Trumps Live-Rede
Der Ton in Amerikas Fernsehsendern wandelt sich. Und Trumps Twitter-Profil sah aus wie ein einziger Warnhinweis.
Es kommt nicht oft vor, dass die Übertragung von Statements oder Pressekonferenzen des US-Präsidenten von den Fernsehsendern unterbrochen wird. In der Nacht auf Freitag schienen jedoch viele US-Sender nicht mehr bereit, die falschen und irreführenden Behauptungen von Donald Trump unkommentiert zu übertragen. Der US-Präsident sprach erneut davon, dass Demokraten ihm die Wahl „stehlen“wollten und fabulierte von „legalen“und „illegalen“Wahlzetteln.
Gleich mehrere Sender entschieden daraufhin, die Livesendung zu kappen und Faktenchecks zu bringen. MSNBC reagierte am schnellsten – bereits nach rund 40 Sekunden. „Hier sind wir wieder in der ungewöhnlichen Situation, den Präsident der Vereinigten Staaten nicht nur zu unterbrechen, sondern den Präsidenten der Vereinigten Staaten auch zu korrigieren“, sagte Moderator Brian Williams.
Bei den CNBC und CBS wurde Trumps Rede ebenfalls abgebrochen. „Wir werden nicht erlauben, dass das weiter geht, weil es nicht wahr ist“, sagte CNBC-Moderator Shepard Smith. Er nahm sich daraufhin mehrere Aussagen des Präsidenten vor und ordnete sie ein. CNN sendete die 17-minütige Rede zwar in voller Länge. Doch die Moderatoren rangen danach sichtlich um Fassung. „Was für eine traurige Nacht für die Vereinigten Staaten von Amerika“, sagte Moderator Jake Tapper betroffen. Deutlicher wurde Kollege Anderson Cooper: „Das ist der Präsident der Vereinigten Staaten, das ist die mächtigste Person der Welt. Und wir sehen ihn wie eine fette Schildkröte, die in der heißen Sonne auf dem Rücken liegt und um sich schlägt, weil er realisiert, dass seine Zeit vorbei ist.“
Selbst Trumps Lieblingssender
Fox News scheint seinem berühmtesten Fan nicht mehr unverbrüchlich treu. Fox-Korrespondent John Roberts sagte, dem Präsidenten werde angesichts des Stands der Stimmenauszählung wohl seine Niederlage bewusst. Deswegen versuche er über Klagen und Prozesse, „einen alternativen Weg zu finden, das Weiße Haus zu behalten“.
In Rage dürfte Trump auch gebracht haben, dass ausgerechnet Fox News den Bundesstaat Arizona frühzeitig Joe Biden zugesprochen hatte. Und auch Trumps Sprachrohr,
der Kurznachrichtendienst Twitter, scheint nicht mehr gewillt, die Meinung des Präsidenten ungefiltert weiterzugeben. Seit der Wahl sieht sein Profil wie eine Sammlung von Warnhinweisen aus. „Einige oder alle der Inhalte in diesem Tweet sind umstritten und könnten irreführend sein in Bezug auf eine Wahl oder einen gesellschaftlichen Prozess“, hieß es in den Hinweisen, die Trumps Nachrichten vorgeschaltet waren. „Twitter ist außer Kontrolle“, zürnte daraufhin Trump – in einem Tweet.