Ohne Senat wird Regieren in Washington schwierig
Warum es für die Demokraten bestenfalls ein Gleichstand wird – und die Entscheidung darüber erst im Jänner nächsten Jahres fällt.
Ohne Unterstützung durch den Kongress steht jeder USPräsident auf ziemlich verlorenem Posten. Das musste Barack Obama schmerzlich erfahren, das ging Donald Trump in der zweiten Hälfte seiner Amtszeit nicht anders, und das droht nun Joe Biden von Anbeginn an – außer der zuletzt so viel beachtete Bundesstaat Georgia rettet ihn.
Die Demokraten konnten zwar ihre Mehrheit im Repräsentanten haus verteidigen. Die erste Kammer des US-Parlaments hat 435 Abgeordnete, die sich je nach Bevölkerungszahl auf die Bundesstaaten verteilen. Sprecherin der Mehrheitsfraktion dort ist Nancy Pelosi (80) aus San Francisco, Altstar der Demokraten und Schrecken Donald Trumps.
Im Senat aber herrscht laut derzeitigem Auszählungsstand Gleichstand. Bislang beherrschten ihn die Republikaner. Der Senat ist die Länderkammer. Jeder der 50 US-Bundesstaaten entsendet zwei Vertreter. Für eine Mehrheit sind daher 51 Sitze nötig, wobei die Partei des Präsidenten notfalls auch mit 50 Sitzen über die Runden kommt. Bei Stimmengleichheit entscheidet der Vizepräsident.
Demokraten und Republikaner halten nun bei jeweils 48 Sitzen, vier Sitze sind noch offen: Je einer in Alaska und North Carolina und zwei in Georgia.
In Alaska dürften die Republikaner das Rennen machen. Ihr Kandidat führt derzeit mit 31 Prozentpunkten. In North Carolina liegt der republikanische Amtsinhaber um rund 100.000 Stimmen vor seinem Kontrahenten und dürfte ebenfalls gewinnen. Sollte sich das bestätigen, würden die Republikaner auf 50 Sitze kommen.
Bleiben die beiden Sitze in Georgia: Hier gilt die spezielle Regelung, dass ein Kandidat nur gewählt ist, wenn er auch mehr als 50 Prozent der Stimmen auf sich vereint.
Tut er das nicht, kommt es Anfang Jänner zu einer Stichwahl. In einem der beiden Rennen ist das schon fix: Bei einer „Special Election“aufgrund des Rücktritts des Amtsinhabers kam der demokratische Kandidat Raphael Warnock als Bestplatzierter auf nur knapp 33 Prozent der Stimmen, die Republikanerin Kelly Loeffler auf rund 26 Prozent. Im anderen Rennen prognostizieren die meisten Medien zwar einen soliden Vorsprung des republikanischen Amtsinhabers David Perdue gegenüber dem Demokraten Jon Ossoff. Allerdings rutschte Perdue mit Dauer der Auszählung unter die 50-Prozent-Marke und liegt derzeit bei nur 49,8 Prozent. Bleibt es dabei, gäbe es auch hier ein Wiedersehen Anfang 2021
– da es dabei im Endeffekt um die Kontrolle des Senats geht, würde Georgia wohl erneut im Mittelpunkt eines aufgeheizten Wahlkampfs stehen. Im für die Demokraten besten Fall könnte es im Senat also 50 zu 5o stehen. Die Stimme einer künftigen Vizepräsidentin Kamala Harris würde den Ausschlag geben.
Um in Kraft zu treten, brauchen Gesetze in den USA grünes Licht sowohl vom Repräsentantenhaus als auch vom Senat. Ein republikanisch beherrschter Senat könnte also sämtliche Vorhaben Joe Bidens sabotieren.
Darüber hinaus kommen dem Senat wichtige Zustimmungsrechte zu – er bestätigt unter anderem die Kandidaten für Regierungsposten oder das Oberste Gericht.
Der Chef der republikanischen Mehrheit im Senat ist Mitch McConnell. Der 78-Jährige ist seit 1985 für Kentucky im Senat und seit 2007 Fraktionsführer. Einen Namen macht er sich als beinharter Blockierer von Barack Obama. McConnells Frau ist Elaine Chao, Verkehrsministerin von Donald Trump.