Schärfere Gesetze gegen Gefährder Mögliche Sicherungshaft nicht nur für Asylbewerber, sondern „für jeden“?
WIEN. „Für uns ist klar, dass wir eine bessere Handhabe brauchen, um mit Gefährdern umzugehen, und dass die Polizei schärfere Gesetze braucht. Es wird mit Hochdruck daran gearbeitet“, heißt es aus dem ÖVP-Klub zu den SN.
Die Sicherungshaft, die im Asylkapitel des Regierungsübereinkommens steht, dürfte damit wieder sehr rasch in das Zentrum der Debatte rücken, aus dem sie mit Beginn der Coronakrise schlagartig verschwunden ist. Einen solchen Hafttatbestand für Asylbewerber gibt es in 15 anderen EU-Staaten: In Irland, Belgien, den Niederlanden, Luxemburg, Estland, Lettland, Litauen, Polen, Tschechien, der Slowakei, Ungarn, Slowenien, Kroatien, Griechenland und Zypern. In Deutschland gibt es mit dem Unterbindungsgewahrsam eine Art Präventivhaft, die über den Kreis von Asylbewerbern hinausgeht. Auch die Niederlande sehen bei akuter Gewaltgefahr eine Sicherheitshaft vor. Erst Donnerstagabend verabschiedete der deutsche Bundestag ein Gesetz, laut dem abgeschobene Gefährder und schwer kriminelle Ausländer, die trotz Einreisesperre zurückkehren, auf richterliche Anordnung in Haft genommen werden können, wenn von ihnen eine Gefahr
für die innere Sicherheit oder „Leib und Leben“ausgeht.
Während man sich in der ÖVP mit Rücksicht auf den skeptischen Koalitionspartner offenbar noch taktisch zurückhält, regte der burgenländische Landeshauptmann Hans Peter Doskozil in der „Presse“an, über die Sicherungshaft erneut zu diskutieren, „und zwar für jeden, nicht nur für Asylbewerber“. Verfassungsrechtler hatten es in der Debatte heuer für menschenrechtswidrig gehalten, ausschließlich Asylbewerber mit Sicherungshaft zu bedrohen. Es gibt andererseits vehemente Grundrechtsbedenken gegen eine Präventivhaft als mögliches Einfallstor für willkürliche Verhaftungen.
Ohne Verfassungsänderung, für die eine Zweidrittelmehrheit notwendig ist, wird es eine Sicherungshaft in Österreich nicht geben. Die EU-Aufnahmerichtlinie ermöglicht diese grundsätzlich für Asylbewerber. Das heimische Verfassungsgesetz über die persönliche Freiheit ist aber strenger als die EU-Regelungen und auch strenger als die Europäische Menschenrechtskonvention. Derzeit ist es verfassungsrechtlich in Österreich nicht möglich, jemanden einzusperren, der ein Sicherheitsrisiko darstellt.