Salzburger Nachrichten

„Tatort“: 666 Mails vom Wiedergäng­er Boerne

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Drehbuchau­toren der Krimiserie „Tatort“haben die Lizenz zum Experiment. Nicht alle nutzen sie, wohl aber der Grimme-Preisträge­r Magnus Vattrodt, der die „Tatort“-Folge „Limbus“aus Münster (Sonntag, ORF 1, ARD, 20.15 Uhr) irgendwo zwischen Himmel und Hölle ansiedelt. In einem Lokal – es könnte Auerbachs Keller sein – verabschie­det sich der Gerichtsme­diziner KarlFriedr­ich Boerne (Jan

Josef Liefers) für drei Monate, da er ein Buch über den Tod schreiben will.

Kurz darauf liegt er nach einem Autounfall, dem ein Giftanschl­ag vorausgega­ngen ist, auf der Intensivst­ation. Bereits in der dunklen, wasserdurc­hfluteten Vorhölle angekommen, will Boerne sein Leben retten. Er flieht in die reale Welt, wo er ein Problem hat: Er ist ein Geist. Das Publikum mag an Filme wie „Ghost“oder „The Sixth Sense“denken, doch „Limbus“ahmt hier nicht (oder nur ganz wenig) Hollywood nach, sondern lässt die schrullige­n „Tatort“-Charaktere aus Münster in Hochform agieren. Der zwischen den Welten pendelnde Krimi – Hans Löw ist ein wunderbar-diabolisch­er Bösewicht im Arztkittel – vereint Spannung und Humor. So bekommt „Alberich“Haller 666 Mails von ihrem Chef, dem ruhelosen Wiedergäng­er. Als Bonustrack tritt Friederike Kempter auf, deren Figur Nadeshda Krusenster­n ja den Serientod erleiden musste. Auf seinem Grenzerfah­rungstrip erfährt der unsichtbar­e Boerne („Ich bin ein Geist, ich garantiere für nichts“), wie andere über ihn denken, und lernt, worauf es im Leben ankommt. Anwärter auf den „Tatort des Jahres“.

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