Scheinargumente helfen dem Sport in diesen Zeiten nicht weiter
Der Aufstand der Sportvereine nach dem notwendigen Lockdown war nachvollziehbar. Die Argumente der Kritiker waren aber teils löchrig.
SN-Fußballexperte Alexander Bischof hat es diese Woche in seinem Kommentar nach dem Champions-League-Schützenfest (6:2) der Münchner gegen Red Bull Salzburg auf den Punkt gebracht: Es muss weitergehen und der Fußball hilft ein wenig. Das trifft für den gesamten Sport zu. Der Terror in Österreich und die Coronapandemie mit dem zweiten Lockdown haben unsere übliche Lebensweise arg in Mitleidenschaft gezogen.
Der Sport insgesamt ist ohnehin nur wenige Tage vor dem Anschlag und dem Niederfahren der sozialen Kontakte in vielen Schlagzeilen allgegenwärtig gewesen. Es ging um das Aussetzen des Kinder- und Jugendsports aufgrund der Coronamaßnahmen, die ohne Zweifel für die Eindämmung des gefährlichen Virus notwendig sind.
Die drei Dachverbände Union, ASKÖ und ASVÖ haben sich gleich in Stellung gebracht und auf die Folgen dieses sportlichen Lockdowns für junge Bewegungshungrige hingewiesen. Sport stärke das Immunsystem und trage zum psychischen Ausgleich bei – zurzeit besonders wichtig, meinte etwa ASVÖ-Präsident Christian Purrer. „Kinder brauchen Sport genauso wie die Schule“, sagte Union-Präsident Peter McDonald. Die Wirkung von Bewegung für alle im Vereinssport werde zwar immer begrüßt, aber wenn es drauf ankomme, werde nicht darauf zurückgegriffen, kritisierte ASKÖPräsident Hermann Krist.
Die Politik haben diese Argumente über Jahrzehnte kaltgelassen. Wenn es darum ging, in der Schule zu sparen, wurden die Turnstunden als Erstes ausgesetzt. Das betrifft übrigens nicht nur die Bewegungseinheiten. Auch die Musik- und Zeichenstunden wurden oft alternativlos gestrichen, wenn es galt im System Schule etwas zu verändern. Dabei erwiesen zahlreiche Studien, dass Kinder nach Turnen oder Singen viel leistungsfähiger für den Rest des Tages sind. Ganz abgesehen von den sozialen Kontakten, die in ganz anderen Rahmenbedingungen außerhalb des „normalen“Unterrichts gepflegt werden können.
Es ist in diesen Zeiten offensichtlich nicht einprägend genug, die richtigen Argumente für Sport und Bewegung zu finden. Gesundheitsprophylaxe, Freude durch Bewegung – das sind viel verwendete Schlagworte, die stimmig sind. Aber zu meinen, dass sich wegen eines Lockdowns Kinder und Jugendliche über vier Wochen von „ihrem“Sport abbringen lassen können, ist irreführend. Kein sportlich aktiver junger Mensch lässt sich durch eine Pause abhalten, weiter Sport oder sogar Spitzensport zu betreiben. Dass eine „ganze Generation abhandenkommen könnte“– wie viele Sportgranden meinten –, klingt unglaubwürdig.
Es gilt besonnen zu bleiben und nicht mit lauen Scheinargumenten, die kurz für Schlagzeilen sorgen, schnelle Aufmerksamkeit zu erringen, die niemandem etwas bringt. Gerade im Jahr 2020, das uns so viel an Verzicht, Zukunftsängsten, aber vielleicht auch ein Umdenken gebracht hat.