Lehre: Vier Mal mehr Stellen als Suchende
Die Zahl der Lehrlinge ist trotz Krise stabil. Der Überhang von offenen Stellen im Vergleich zur Zahl an Lehrstellen-Suchenden ist sogar gestiegen.
SALZBURG. Während des Lockdowns im Frühjahr hatten Experten vor einer Lehrlingskrise im Herbst gewarnt. Diese ist aber nicht eingetreten – wie die Zahlen der Wirtschaftskammer Salzburg (WKS) zeigen: Ende Oktober waren im Bundesland 8438 Lehrlinge beschäftigt; im Vorjahr waren es zum selben Zeitpunkt 8565. Norbert Hemetsberger, WKS-Lehrlingsbeauftragter:
„Das ist ein kleiner Rückgang von 1,5 Prozent oder 127 Lehrlingen. Das ist kein Drama; damit sind wir praktisch stabil.“Das Minus sei zudem nicht auf die Krise, sondern auf die Demografie zurückzuführen: „Die Zahl der 15Jährigen sinkt – wegen der geburtenschwachen Jahrgänge.“
Sogar einen deutlichen Aufwärtstrend der Lehre zeigen die Zahlen des AMS: Mit Ende Oktober waren dort zwar 313 Lehrstellensuchende gemeldet – um acht Personen oder 2,6 Prozent mehr als im Oktober 2019. Allerdings: Es gab 1073 sofort verfügbare Lehrstellen – und damit um 54 (oder 5,3 Prozent) mehr als im Vorjahr. Hemetsberger: „Wenn man noch jene gut 300 Lehrstellen dazurechnet, die mittelfristig verfügbar sind, sind es 1369 offene Lehrstellen. So kann ein suchender Jugendlicher aus 4,3 Stellen auswählen.“Laut AMSSprecher Wilfried Beer lag diese Zahl vor der Krise meist zwischen 2,5 und drei offenen Lehrstellen pro Bewerber.
Die AMS-Zahlen belegen zudem, dass nicht mehr wie vor der Krise die Hälfte, sondern „nur“mehr knapp 34 Prozent (oder 367) der sofort verfügbaren Lehrstellen aus dem Bereich Gastronomie/Hotellerie kommen. „Aber auch ohne den Fremdenverkehr haben wir noch einen deutlichen
Lehrstellen-Überhang von 2:1“, betont Beer. AMS-Landesgeschäftsführerin Jacqueline Beyer beurteilt die Lage differenziert: „Ich denke, dass die Wirtschaft aus den Fehlern der Krise 2009 gelernt hat. Dass die Zahl der Lehrlinge im Land um 127 zurück gegangen ist, macht mir Sorgen. Jeder Einzelne weniger tut da weh.“Aber die größte Herausforderung sei, überhaupt junge Leute zu gewinnen, eine Lehre zu machen, sagt Beyer.
Ein Rundruf bei etlichen Unternehmen zeigt, dass trotz der Krise die Nachfrage nach Lehrlingen groß ist. So hat etwa der Mercedes-Händler Pappas, der österreichweit 2000 Mitarbeiter beschäftigt, österreichweit wieder 100 Lehrlinge eingestellt. PappasHolding-Geschäftsführer Günter Graf: „Allein in Salzburg waren es 20 neue Lehrlinge – hauptsächlich KfZ- und KarosseriebauTechniker, aber auch einige im kaufmännischen Bereich.“Denn Lehrlinge seien die Know-howTräger für die Zukunft, betont Graf. „Das ist wie bei einer Feuerwehr oder einem Fußballverein. Wenn man da den Nachwuchs vernachlässigt, hat man schon bald keine Kampfmannschaft mehr. Deswegen – Corona hin oder her – ist ein Einsparen bei den Lehrlingen bei uns kein Thema“, sagt Graf, der selbst 1983 als Lehrling seine Karriere bei Pappas begonnen hat.
Sogar eine hausinterne „Rekordzahl“von 14 Lehrlingen hat heuer der Henndorfer Baumeister Peter Ebster aufgenommen: „In Summe beschäftigen wir 21 Lehrlinge, aufgeteilt auf die Berufe Hochbauer – wie der Maurer jetzt heißt – und Zimmerer.“In Summe arbeiten für die Baufirma 130 Mitarbeiter (ohne Leasingpersonal); davon 100 auf den Baustellen. „Daher ist mehr als jeder fünfte Mitarbeiter auf der Baustelle ein Lehrling. Das ist für eine Firma unserer Größe schon außerordentlich.“Ebster verhehlt aber nicht, dass es auch eine gewisse Drop-out-Rate gibt: „Weil manche den falschen Beruf probieren. Das ist in dem Alter normal.“Die heurigen Lehrlinge würden sich sehr gut entwickeln, „weil wir auch drei Angestellte haben, die sich schwerpunktmäßig um sie kümmern“.
Auch Markus Fegg, Lehr- und Ausbildungsleiter beim W&HDentalwerk in Bürmoos (670 Mitarbeiter, davon 46 Lehrlinge), betont den Stellenwert der Lehrlingsausbildung. W&H hat trotz Krise und der konjunkturbedingten 46 Kündigungen mit September zwölf Lehrlinge aufgenommen
„Wer den Nachwuchs vernachlässigt, hat bald keine Mannschaft mehr.“
– im Bereich Zerspannungstechnik, Metallbearbeitung, Mechatronik, IT-Techniker und auch eine Industriekauffrau. Fegg: „Ziel ist, dass wir auch 2021 die gleiche Menge an Lehrlingen aufnehmen.
„Mehr als jeder fünfte Mitarbeiter auf unserer Baustelle ist Lehrling.“
Es könnten auch 14 sein, wenn es gute Bewerber sind. Denn eine Lehre dauert drei bis vier Jahre – und es gibt eine Zeit nach Corona.“
Mit in Summe 70 Lehrlingen