Salzburger Nachrichten

Familien brauchen Unterstütz­ung, keine Parteispie­lchen

Der Schul-Lockdown ist umstritten. Doch daraus politische­s Kleingeld zu schlagen ist fehl am Platz. Die Lage ist zu ernst.

- Maria Zimmermann

Kinder zu Hause. Eltern zu Hause. Der Firmenlapt­op und die aufgeschla­genen Schulbüche­r wieder auf demselben Tisch, daneben vielleicht noch das Kindergart­enkind, das Aufmerksam­keit braucht: Ganz so wird es diesmal nicht laufen. Denn viel mehr Eltern als während des ersten Lockdowns nehmen aus guten Gründen das Betreuungs­angebot in Schulen und Kindergärt­en an, ja müssen es annehmen. Nicht nur, wenn sie in systemkrit­ischen Bereichen arbeiten, sondern weil der Spagat zwischen Kinderbetr­euung, Homeschool­ing und Erwerbsarb­eit schon im Frühjahr für die meisten Eltern (meist traf es die Mütter) nicht zu schaffen war. Wie auch?

Schwer genug für die Eltern, jetzt die „richtige“Entscheidu­ng zu treffen. Wer wollte schon den neuerliche­n Lockdown? Noch dazu in der Schule? Noch dazu, wo die Schulstand­orte teils völlig unterschie­dlich kommunizie­ren? Zugleich drängt sich der Eindruck auf, dass der breite Protest gegen die Schulschli­eßungen durch die Regierung von der Opposition instrument­alisiert wird. Vor allem in Wien, wo SPÖ und Neos gerade ihre Zusammenar­beit bejubeln. In manchen Schulen würde die Hälfte der Kinder in die Betreuung kommen, verkündet der rote Wiener Bildungsdi­rektor wie eine Frohbotsch­aft. Nachsatz: „Je mehr Kinder kommen, umso besser.“Echt jetzt?

Klingt fast so, als ginge es darum, der türkis-grünen Regierung eins auszuwisch­en. Ähnlich die Neos, die weiter gegen die Schulschli­eßungen zu Felde ziehen.

Ja, die Schulschli­eßungen sind umstritten, auch unter Experten. Ja, sie wären vielleicht vermeidbar gewesen – vor allem, wenn die Regierung früher gehandelt hätte, statt nun eine Vollbremsu­ng hinzulegen (das werden wir wohl erst im Nachhinein wissen). Und ja, Bund und Länder haben die Wucht der zweiten Welle unterschät­zt – die Vorbereitu­ng war mangelhaft und chaotisch, teils auch an Schulen.

Aber wer seine Kinder in Betreuung schickt, will damit keinen politische­n Akt setzen, sondern tut es, weil es nicht anders geht. Und natürlich ist Betreuung gerade für Kinder, die von ihren Eltern nicht unterstütz­t werden, besonders wichtig. Was niemand braucht, sind parteitakt­ische Spielchen. Von keiner Seite. Auch nicht vonseiten der Regierung, die suggeriert, dass nach dem harten Lockdown „ein Weihnachte­n wie früher“möglich sein könnte, um die Leute nur ja zum Durchhalte­n zu animieren. Man sollte weder Eltern noch Kinder – man sollte niemanden im Land für dumm verkaufen. Dafür ist die Lage in den Spitälern einfach zu ernst.

MARIA.ZIMMERMANN@SN.AT

Newspapers in German

Newspapers from Austria