Das Prinzip der Triage: „Ressourcen sind nie unbegrenzt“
Die Lage in Österreichs Spitälern spitzt sich zu, Experten warnen vor einer Triage. Das System dahinter ist nicht neu.
SALZBURG. Das Gesundheitssystem könnte bald an seine Grenzen geraten, warnte Österreichs führender Intensivmediziner, Klaus Markstaller, am Wochenende. Über allem schwebt die Triage. Ärzte müssten dann auswählen, welche Patienten intensivmedizinisch behandelt werden. Das Prinzip hinter einer Triage wird jedoch täglich angewandt. Triage leitet sich vom französischen Wort „trier“ab, das „sortieren“bedeutet. „Damit meint man zunächst einmal nur, dass nach objektiven, zuvor festgelegten Kriterien eingeteilt wird, um die Versorgung von Patienten zu optimieren“, sagt Uta Hoppe, Leiterin der Universitätsklinik für Innere Medizin II in Salzburg. Auch in Normalzeiten seien Ressourcen nicht unbegrenzt.
Seit jeher gelte etwa in der Notaufnahme: Patienten werden nach Dringlichkeit eingestuft.
In Zeiten wie diesen könne man durch eine frühzeitige sachliche Triage vor allem bei Intensivkapazitäten vorbeugen. Eine Triage basiere jedenfalls nie auf der Willkür des Einzelnen. Vielmehr gebe es objektive Kriterien, auf Basis derer der Arzt gemeinsam mit seinem Team handelt. „Aus den Halbgott-Zeiten, in denen ein Arzt alles allein entscheidet, sind wir zum Glück raus.“
Ein Leitfaden, an dem sich Ärzte im Fall der Coronapandemie orientieren können, wurde von der ARGE Ethik erarbeitet. Dabei kommen vier Triage-Kriterien zum Tragen: Begleiterkrankungen wie schwere Herz-Kreislauf-, Lungen-, Nieren-, Leber- und neurologische Erkrankungen, das Alter des Patienten sowie sogenannte Scores, die die Gebrechlichkeit
und die Schwere der Erkrankung bei Intensivpflichtigkeit erfassen. Das vierte Kriterium ist der Patientenwille. Der spiele stets eine wichtige Rolle, sagt Hoppe.
Es gibt aber auch andere Situationen, in denen ein TriageSchema angewandt wird. Etwa im Zusammenhang mit dem Terror in Wien vor zwei Wochen war davon die Rede. Monika Stickler ist stellvertretende Bundesrettungskommandantin des Roten Kreuzes. An Unfallorten komme das Prinzip häufig zum Einsatz: „Wir wenden es immer dann an, wenn Ressourcen knapp sind oder die Lage unübersichtlich ist“, sagt sie. Diejenigen, die als Erste Hilfe benötigen, sollten diese auch zuerst bekommen.
Anhand der sichtbaren Verletzungsmuster würden Unfallopfer in lebensbedrohliche Fälle, nicht lebensbedrohliche und solche mit leichten Verletzungen eingeteilt und mit einem farbigen Kärtchen markiert. Dieses sogenannte Patientenleitsystem dokumentiere schließlich auch für das Krankenhauspersonal die bisherigen Erkenntnisse.
Auch in heimischen Labors kommt indessen so etwas wie Triage
zur Anwendung. „Wir sprechen aber lieber von Priorisieren“, sagt Klaus Vander, ärztlicher Direktor des Instituts Krankenhaushygiene und Mikrobiologie in Graz. Derzeit komme er in seinem Labor mit den Tests gut nach. Sei das nicht mehr der Fall, würde er nach diesen Regeln priorisieren: Zuerst würden Tests von Patienten mit Symptomatik gereiht, danach solche von Menschen ohne Beschwerden. Zuletzt würde der Experte Tests ohne Kontext zum Medizinsystem reihen, etwa Gruppentests von Vereinen.
Der Grundsatz einer Triage findet also breite Anwendung – nicht nur im Krankenhaus. Für Patienten sei es jedenfalls wichtig, keine Angst zu haben, in das Spital zu gehen, sagt Uta Hoppe. Denn sie beruhigt: „Der, der wirklich krank ist – egal ob wegen Covid-19 oder wegen etwas anderem –, wird versorgt.“