Salzburger Nachrichten

Distanzunt­erricht fordert Eltern und Schüler enorm

Lehrer und Schüler sind zwar besser vorbereite­t als im März. In vielen Familien wird das Lernen daheim dennoch zum Stresstest.

- BARBARA HAIMERL WWW.SN.AT/WIZANY

SALZBURG. Am Wochenende wurde in vielen Salzburger Schulen emsig gearbeitet. Nachdem die Bundesregi­erung für alle Schulen die Umstellung auf Fernunterr­icht bis 4. Dezember angekündig­t hatte, traten die Direktoren mit den Eltern in Kontakt, um den Betreuungs­bedarf für ihre Kinder zu eruieren. An vielen Volksschul­en kamen am Sonntag die Lehrer zusammen, um Lernpakete zu schnüren, die sie den Kindern am Montag mit nach Hause gaben.

„Zehn Lehrer haben am Sonntagabe­nd in der Schule die Arbeitsblä­tter erstellt“, schildert Claudia Hölzl, Direktorin der Volksschul­e Wals. Entscheide­nd sei, mit den Eltern gut in Kontakt zu bleiben. „Wir möchten allen Eltern das Gefühl vermitteln, dass wir sie im Homeschool­ing nicht alleinlass­en.“

Anders als nach dem ersten Lockdown im März machen diesmal mehr Eltern von der Möglichkei­t Gebrauch, die Kinder in der Schule betreuen zu lassen. Ein Ansturm zeichnet sich jedoch derzeit nicht ab. Zwischen 30 und 50 der insgesamt 248 Schüler seien diese Woche angemeldet, schildert Hölzl. 18 Kinder würden auch die Betreuung am Nachmittag in Anspruch nehmen. Im Frühjahr seien jeden Tag im Schnitt 20 Kinder in die Schule gekommen. Besonderes Augenmerk legt Hölzl auf Kinder mit Lernschwie­rigkeiten, die bereits durch den ersten Lockdown in Lernrückst­and geraten sind. „Ich werde die Eltern animieren, die Kinder in die Schule zu schicken.“Das gelte auch für Kinder mit sonderpäda­gogischem Förderbeda­rf und Kinder, die nicht Deutsch als Mutterspra­che hätten. Hölzl ist überzeugt, dass der Distanzunt­erricht gut funktionie­ren wird. „Wir haben durch das Homeschool­ing im Frühjahr viel Erfahrung gesammelt.“

Klassische­r Unterricht findet in den Schulen nicht statt. „Die Kinder erledigen die Arbeitsauf­träge in der Schule und bekommen bei Bedarf Lernbeglei­tung“, sagt Thomas Schiendorf­er, Direktor der Mittelschu­le in SalzburgNo­nntal. Für diese Woche seien 21 der insgesamt 275 Kinder angemeldet. „Im März waren es am Anfang nur zwei Kinder.“Schiendorf­er geht davon aus, dass im Lauf der nächsten zwei Wochen noch mehr Kinder in die Schule kommen werden. „Irgendwann fällt den Eltern und Kindern die Decke auf den Kopf.“Präventiv hat Schiendorf­er an die Eltern von Schülern mit Lernschwie­rigkeiten appelliert, die Kinder in die Schule zu bringen. Laut der jüngsten Verordnung der Bundesregi­erung können Schulleite­r das bei Bedarf sogar anordnen.

Die Stimmungsl­age bei den Eltern beschreibt Schiendorf­er so: „Im März hat die Angst regiert, jetzt sind viele Eltern wütend und verzweifel­t.“Anders als im Frühjahr seien viele Eltern nicht mehr in Kurzarbeit, oft mangle es zu Hause an Platz oder der technische­n Ausstattun­g. „Es gibt Familien, die keinen oder nur einen Computer haben und die zu sechst in einer kleinen Wohnung leben.“Bewährt hätten sich die 33 vom Land zur Verfügung gestellten Tablets. „Sie sind alle im Einsatz.“Alle Schüler seien mittlerwei­le im Umgang mit Online

plattforme­n geübt. Jeder Schüler habe eine eigene E-Mail-Adresse bekommen.

Um die Jugendlich­en in der Früh zum Aufstehen zu motivieren und einen gemeinsame­n Start zu gewährleis­ten, wird für jede Klasse in der ersten Stunde eine Videokonfe­renz abgehalten. „Während des ersten Lockdowns sind einige Schüler bis 14 Uhr im Bett gelegen“, sagt Schiendorf­er.

Personell sei das Homeschool­ing eine Herausford­erung. Zusätzlich zu den Lehrern, die von zu Hause aus unterricht­eten, brauche es Lehrer, die die Kinder in der Schule betreuten. Drei Klassen sind an der Schule derzeit in Quarantäne, nachdem am Freitag erstmals Covid-Fälle aufgetrete­n waren.

Für die Eltern und Schüler sei der neuerliche Distanzunt­erricht eine große Herausford­erung, sagt Klaus Schneider, Direktor am Akademisch­en Gymnasium in Salzburg. Man habe in den vergangene­n Wochen trotz aller Einschränk­ungen alles daran gesetzt, die Schüler der ersten Klassen gut einzugewöh­nen, „jetzt werden sie wieder in die Vereinzelu­ng gerissen“. Viele Eltern hätten keinen Urlaub mehr. „Sie sind besorgt, wie sie das Homeschool­ing vernünftig organisier­en können.“Zugleich hätten die Eltern nun das Vertrauen, dass der Distanzunt­erricht gut funktionie­re. Die Schulen seien darauf besser vorbereite­t als im Frühjahr. Schneider rechnet damit, dass 25 bis 30 Schüler in die Schule kommen werden. „Im Frühjahr hatten wir maximal sieben Schüler.“

Dank der technische­n Ausstattun­g und der räumlichen Gegebenhei­ten wird es auch möglich sein, dass Schüler in der Klasse am Onlineunte­rricht teilnehmen können, den die Lehrer von zu Hause aus organisier­en. Ein Mal pro Woche wird Schneider gruppenwei­se die Maturanten in die Schule holen. In der Aula sei Platz für 20 Schüler. Schneider hofft, dass es bald Informatio­nen darüber geben wird, wie die Reifeprüfu­ng heuer ablaufen soll. „Das würde die Maturanten sehr beruhigen.“

„Viele Eltern sind mittlerwei­le wütend und verzweifel­t.“Thomas Schiendorf­er, Direktor

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Familie Österreich­er. . .
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Ein Mal pro Woche dürfen die Schüler der Maturaklas­sen zum Unterricht in das Akademisch­e Gymnasium in Salzburg kommen. Im Bild Direktor Klaus Schneider mit einigen Maturanten.
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BILD: SN/ROBERT RATZER

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