Distanzunterricht fordert Eltern und Schüler enorm
Lehrer und Schüler sind zwar besser vorbereitet als im März. In vielen Familien wird das Lernen daheim dennoch zum Stresstest.
SALZBURG. Am Wochenende wurde in vielen Salzburger Schulen emsig gearbeitet. Nachdem die Bundesregierung für alle Schulen die Umstellung auf Fernunterricht bis 4. Dezember angekündigt hatte, traten die Direktoren mit den Eltern in Kontakt, um den Betreuungsbedarf für ihre Kinder zu eruieren. An vielen Volksschulen kamen am Sonntag die Lehrer zusammen, um Lernpakete zu schnüren, die sie den Kindern am Montag mit nach Hause gaben.
„Zehn Lehrer haben am Sonntagabend in der Schule die Arbeitsblätter erstellt“, schildert Claudia Hölzl, Direktorin der Volksschule Wals. Entscheidend sei, mit den Eltern gut in Kontakt zu bleiben. „Wir möchten allen Eltern das Gefühl vermitteln, dass wir sie im Homeschooling nicht alleinlassen.“
Anders als nach dem ersten Lockdown im März machen diesmal mehr Eltern von der Möglichkeit Gebrauch, die Kinder in der Schule betreuen zu lassen. Ein Ansturm zeichnet sich jedoch derzeit nicht ab. Zwischen 30 und 50 der insgesamt 248 Schüler seien diese Woche angemeldet, schildert Hölzl. 18 Kinder würden auch die Betreuung am Nachmittag in Anspruch nehmen. Im Frühjahr seien jeden Tag im Schnitt 20 Kinder in die Schule gekommen. Besonderes Augenmerk legt Hölzl auf Kinder mit Lernschwierigkeiten, die bereits durch den ersten Lockdown in Lernrückstand geraten sind. „Ich werde die Eltern animieren, die Kinder in die Schule zu schicken.“Das gelte auch für Kinder mit sonderpädagogischem Förderbedarf und Kinder, die nicht Deutsch als Muttersprache hätten. Hölzl ist überzeugt, dass der Distanzunterricht gut funktionieren wird. „Wir haben durch das Homeschooling im Frühjahr viel Erfahrung gesammelt.“
Klassischer Unterricht findet in den Schulen nicht statt. „Die Kinder erledigen die Arbeitsaufträge in der Schule und bekommen bei Bedarf Lernbegleitung“, sagt Thomas Schiendorfer, Direktor der Mittelschule in SalzburgNonntal. Für diese Woche seien 21 der insgesamt 275 Kinder angemeldet. „Im März waren es am Anfang nur zwei Kinder.“Schiendorfer geht davon aus, dass im Lauf der nächsten zwei Wochen noch mehr Kinder in die Schule kommen werden. „Irgendwann fällt den Eltern und Kindern die Decke auf den Kopf.“Präventiv hat Schiendorfer an die Eltern von Schülern mit Lernschwierigkeiten appelliert, die Kinder in die Schule zu bringen. Laut der jüngsten Verordnung der Bundesregierung können Schulleiter das bei Bedarf sogar anordnen.
Die Stimmungslage bei den Eltern beschreibt Schiendorfer so: „Im März hat die Angst regiert, jetzt sind viele Eltern wütend und verzweifelt.“Anders als im Frühjahr seien viele Eltern nicht mehr in Kurzarbeit, oft mangle es zu Hause an Platz oder der technischen Ausstattung. „Es gibt Familien, die keinen oder nur einen Computer haben und die zu sechst in einer kleinen Wohnung leben.“Bewährt hätten sich die 33 vom Land zur Verfügung gestellten Tablets. „Sie sind alle im Einsatz.“Alle Schüler seien mittlerweile im Umgang mit Online
plattformen geübt. Jeder Schüler habe eine eigene E-Mail-Adresse bekommen.
Um die Jugendlichen in der Früh zum Aufstehen zu motivieren und einen gemeinsamen Start zu gewährleisten, wird für jede Klasse in der ersten Stunde eine Videokonferenz abgehalten. „Während des ersten Lockdowns sind einige Schüler bis 14 Uhr im Bett gelegen“, sagt Schiendorfer.
Personell sei das Homeschooling eine Herausforderung. Zusätzlich zu den Lehrern, die von zu Hause aus unterrichteten, brauche es Lehrer, die die Kinder in der Schule betreuten. Drei Klassen sind an der Schule derzeit in Quarantäne, nachdem am Freitag erstmals Covid-Fälle aufgetreten waren.
Für die Eltern und Schüler sei der neuerliche Distanzunterricht eine große Herausforderung, sagt Klaus Schneider, Direktor am Akademischen Gymnasium in Salzburg. Man habe in den vergangenen Wochen trotz aller Einschränkungen alles daran gesetzt, die Schüler der ersten Klassen gut einzugewöhnen, „jetzt werden sie wieder in die Vereinzelung gerissen“. Viele Eltern hätten keinen Urlaub mehr. „Sie sind besorgt, wie sie das Homeschooling vernünftig organisieren können.“Zugleich hätten die Eltern nun das Vertrauen, dass der Distanzunterricht gut funktioniere. Die Schulen seien darauf besser vorbereitet als im Frühjahr. Schneider rechnet damit, dass 25 bis 30 Schüler in die Schule kommen werden. „Im Frühjahr hatten wir maximal sieben Schüler.“
Dank der technischen Ausstattung und der räumlichen Gegebenheiten wird es auch möglich sein, dass Schüler in der Klasse am Onlineunterricht teilnehmen können, den die Lehrer von zu Hause aus organisieren. Ein Mal pro Woche wird Schneider gruppenweise die Maturanten in die Schule holen. In der Aula sei Platz für 20 Schüler. Schneider hofft, dass es bald Informationen darüber geben wird, wie die Reifeprüfung heuer ablaufen soll. „Das würde die Maturanten sehr beruhigen.“
„Viele Eltern sind mittlerweile wütend und verzweifelt.“Thomas Schiendorfer, Direktor