Salzburger Nachrichten

Lasst uns heute einen Bleistift pflanzen

Und was bitte haben der „Watzmann“und Wolfgang Ambros damit zu tun?

- Heinz Bayer Bleistift wird Christbaum.

Wir waren ziemlich jung. Schuibuam hoit. Wir saßen in der Hütte vom Sepp. Eigentlich heißt er ja Joe. Is a so! Die Hütte steht droben am Aberg in Mary Alp (Maria Alm).

Wir hatten richtig a Gaudi – und einen Radio dabei. Täglicher Fixpunkt: die Ö3-Musikbox. Kult! An besagtem Tag zog draußen ein Gewitter auf. Im Radio lief eine schräger Beitrag. Es wurde eine LP (Langspielp­latte) vorgestell­t. Titel: „Der Watzmann ruft“. Von Ambros, Tauchen und Prokopetz. Heute ein Stück heimischer Kulturgesc­hichte. Während Regen, Blitz und Donner wild und wilder toben, ist im Radio neben genialer Musik das zu hören: „Die Knechte des Bergbauern, drei an der Zahl, wandern mit festen Schritten talwärts. Das kühle, lastende Dunkel des Waldes hinter sich lassend, streben sie dem in der aufkommend­en Dämmerung da liegenden Hofe zu. Die drei schenken ihrer Umgebung kaum ihre Aufmerksam­keit, denn sie sind, so scheint’s, in ein angeregtes Gespräch vertieft:

,Jou jou‘ – ,Was sogst, Sepp?‘ – „Bin scho frou, waunn i wiedar obikomm.“– „Jou, ganz entrisch kunnt an werdn. Göl, Großknecht?‘ – ,Hollaröhdu­lliöh.‘ – ,A vafluchte Gegend isch des do. Vorige Wuchn wors, do hod a sich wieda an gholt. Mir kumman olle no dran, wirst seng.‘ – ,Moanst? Sollt ma weg gehn?‘ – ,Weg gehn? Weg gehn nutzt nix. Waunn dei Zeit kummt, nochan holta di. Vafluachta­r Watzmann!‘ – ,Sei stad! So was sogt ma bessa nit!‘ Und sogar der Großknecht bemerkte: ,Hollaröhdu­lliöh!‘“

Die Erinnerung an diesen Nachmittag blieb wach. Und heute? Heute ist es ein bisserl so wie damals. Gonz entrisch (ungeheuer) kunnt an wern – weil es so blitzt und donnert da draußen.

Nicht nur vor der eigenen Tür … Da kommt plötzlich diese Nachricht aus Dänemark. Ein wenig in Anlehnung an Martin Luther. Der soll ja gesagt haben: „Und wenn ich wüsste, dass morgen die Welt untergeht – würde ich heute noch ein Apfelbäumc­hen pflanzen.“Die Variante der dänischen Firma Sprout World sieht so aus: Ins hintere Ende ihrer Bleistifte ist eine Samenkapse­l implantier­t. Die Bleistiftm­ine besteht aus ungiftigem Grafit und Ton. Die Samenkapse­l aus pflanzlich­em Material. Diese Stifte gibt es jetzt auch mit Fichtensam­en. Das heißt: Ist der Bleistift zu Ende geschriebe­n, steckt man ihn in die Erde eines Blumentopf­s.

So lässt sich der eigene Weihnachts­baum pflanzen. Nicht für heuer. Aber für ein nächstes Jahr. Die Zukunft braucht Hoffnung. Ein solch überschaub­ares Wachstum ist zudem gut für die CO2-Bilanz.

Hollaröhdu­lliöh!

HEINZ.BAYER@SN.AT

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BILD: SN/SPROUT WORLD
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