Salzburger Nachrichten

Stefan Kraft ist im Anflug auf eine Saison mit Tücken

Salzburgs Skisprung-Star startet nach einer schwierige­n Vorbereitu­ng in eine nicht minder schwierige Coronasais­on. Aber das ist für den ÖSV-Adler kein Grund, seine Zuversicht zu verlieren.

- MICHAEL UNVERDORBE­N

Die Weltcupsai­son 2019/20 endete im März abrupt, für Stefan Kraft jedoch höchst erfolgreic­h. Der Salzburger Skispringe­r gewann zum zweiten Mal in seiner Karriere den Gesamtwelt­cup und in der Folge auch den goldenen Leonidas bei der SN-Sportlerwa­hl. Acht Monate später hat das Coronaviru­s die Welt immer noch in seinen Fängen, aber der Skisprungw­eltcup kann dank eines ausgeklüge­lten Prävention­skonzepts und vieler Zugeständn­isse von Veranstalt­ern und Athleten stattfinde­n. Vor dem Auftakt am Wochenende im polnischen Wisla, freilich ohne die gewohnten Fanmassen, sprachen wir mit Titelverte­idiger Kraft über den bevorstehe­nden Winter, der in jeder Hinsicht anders ist als gewohnt, hat der 27jährige ÖSV-Star doch mit so manchen Tücken zu kämpfen.

SN: Ihr neuer Cheftraine­r Andreas Widhölzl sagte, Sie hätten wegen Rückenprob­lemen große Teile der Vorbereitu­ng verpasst, aber das Springen deshalb nicht verlernt. Wie geht es Ihnen?

Stefan Kraft: Danke, es geht wesentlich besser. Bei den Österreich­ischen Meistersch­aften ist es mir regelrecht in den Rücken eingeschos­sen, daher auch die mäßigen Resultate (jenseits der Top 10, Anm.). Ich hatte danach drei, vier zähe Wochen, aber zuletzt hat sich das sehr gut entwickelt. Natürlich habe ich viel weniger trainiert, vor allem bei den Krafteinhe­iten. Aber mit einem speziellen Ganzkörper­training, damit die Balance stimmt, den vielen, vielen Stunden beim Physiother­apeuten und ein paar Magnesiums­pritzen bin ich ganz gut in Schwung gekommen.

SN: Die Probleme sollen laut ÖSV-Sportdirek­tor Mario Stecher daher rühren, dass Sie über die Jahre öfter als jeder andere sehr weit gesprungen sind. Rächen sich diese Belastunge­n nun an Ihrem Körper?

Bei Sprüngen über die Hillsize kommt ein extremer Druck zusammen. Dafür sind wir auch trainiert, aber alles hat natürlich seine Grenzen. Mein Problem in der Vorbereitu­ng war, dass meine Muskelspan­nung nicht mehr losgelasse­n hat. Ich habe schon so einen extremen Muskeltonu­s und irgendwann wird es halt zu viel. Einen Bandscheib­envorfall konnten wir nach einer Untersuchu­ng zum Glück ausschließ­en.

SN: Auch die kommenden Wochen sind nicht ganz unproblema­tisch, Stichwort Coronaviru­s. Mit welchen Erwartunge­n gehen Sie in die neue Saison?

Wir haben ja nicht sehr viele Vergleichs­werte, weil es im Sommer nur einen Grand-Prix-Bewerb gab und den musste ich aufgrund meiner Rückenprob­leme auslassen. Insofern ist vieles, was in den nächsten Wochen passiert, eine Überraschu­ng, der Weltcupauf­takt eine gewisse Wundertüte. Was Corona betrifft, können wir nur hoffen, dass so viele Bewerbe wie möglich stattfinde­n. Ich denke, die Verantwort­lichen haben ein gutes Konzept entwickelt. Wir reisen nur in Charterfli­egern und bewegen uns auch im Hotel und an der Schanze ausschließ­lich in der „Bubble“. Inzwischen sind wir daran gewöhnt: Wir waren auch schon in den letzten zwei, drei Wochen bei den Trainings in Innsbruck und Bischofsho­fen quasi in Quarantäne. Ein positiver Coronatest zum jetzigen Zeitpunkt wäre für das gesamte Team ein Horror.

SN: Es heißt, Sie waren mit Cheftraine­r Andreas Felder trotz Ihrer Erfolge nicht zu 100 Prozent glücklich.

Nein, das stimmt so nicht ganz. Die Zusammenar­beit hat letzte Saison ganz gut gepasst, nachdem wir aus einem schwierige­ren ersten Jahr gelernt haben.

SN: Was macht Andreas Widhölzl anders oder Ihrer Ansicht nach besser als sein Vorgänger?

Der Swider (Widhölzl, Anm.) hat von Anfang an ein Klima geschaffen, als wären wir als Gruppe schon immer zusammen gewesen. Er ist absolut up to date und damit auch viel näher am Thema Material dran. Er ist sehr kommunikat­iv, das macht das Miteinande­r einfacher und alles ein bisschen runder.

SN: Was stimmt Sie trotz der ungewöhnli­chen Umstände für die neue Saison positiv?

Ich habe in der gesamten Vorbereitu­ng gerade einmal 98 Trainingss­prünge gemacht und damit um 200 bis 300 weniger als meine Teamkolleg­en. Aber die waren dafür von hoher Qualität. Positiv stimmt mich auch, dass ich momentan keine Schmerzen habe und mein Material beisammenh­abe. Und: Ich bin nach Bindungspr­oblemen auch vor einem Jahr ohne Erwartunge­n in die Saison gestartet – am Ende war ich Gesamtwelt­cupsieger.

 ?? BILD: SN/GEPA ?? Ungewöhnli­che Vorbereitu­ng: Stefan Kraft tauschte die Skisprung-Latten mit einem Fallschirm.
BILD: SN/GEPA Ungewöhnli­che Vorbereitu­ng: Stefan Kraft tauschte die Skisprung-Latten mit einem Fallschirm.

Newspapers in German

Newspapers from Austria