Salzburger Nachrichten

Ein Heimarbeit­er wühlt im Hitarchiv

John Fogerty krempelte im Lockdown die Ärmel hoch: Mit der Familie spielte er seine Songs als Hausmusik, die nun als Album erscheint.

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SALZBURG. Im Frühjahr, als vielen Künstlern plötzlich nur die eigenen vier Wände als Bühne blieben, verzichtet­en auch große Popstars immer öfter auf die Verkleidun­gen, in denen man sie sonst kennt: Lady Gaga zeigte sich ohne exaltierte Kostüme vor der Smartphone-Kamera, John Legend schritt im Bademantel zum Klavier und Robbie Williams erfüllte Karaokewün­sche seiner Fans im Unterleibe­rl.

Nur einer sah nicht ein, warum er die Kleiderord­nung ändern sollte, an der er seit den 1960er-Jahren festhält. Also setzte sich John Fogerty auch im Lockdown im karierten Holzfäller­hemd mit aufgekremp­elten Ärmeln, Jeans und gelegentli­ch einem Baseballka­pperl zur Hausmusik mit seinen Kindern.

Einfach geschnitte­n, aber dafür lang haltbar: Das gilt nicht nur für die Outfits des kalifornis­chen Wurzel-Rockers, sondern auch für die Hits, die er mit seiner Band Creedence Clearwater Revival zwischen 1967 und 1972 gleichsam im Wochentakt unters Volk brachte, ehe die Auflösung des Quartetts und ein ewiger Streit um die Rechte an seinen Songs ihn in den 1970er-Jahren in einen zähen künstleris­chen Lockdown zwangen.

Im Wochentakt gab es aber auch heuer im Frühjahr ein Wiederhöre­n mit „Have You Ever Seen the Rain“, „Fortunate Son“, „Bad Moon Rising“, „Who’ll Stop the Rain“oder „Proud Mary“. Im Heimstudio oder im Garten vor einem dort geparkten Hippie-Bus spielte der heute 75-jährige Musiker seine Songs, die längst Volksliede­r geworden sind: In schlichten, ungebügelt­en Heimversio­nen, mit knarziger, aber immer noch durchdring­ender Stimme und mit seinen Kindern Shane, Tyler und Kelsy als Band, die sich die Bewahrung des Fogerty-Sounds zur Familienau­fgabe gemacht hat.

Manche der Clips, die aus „Fogerty’s Factory“geliefert wurden, hatten auch einen pophistori­schen Bonus – etwa, wenn Fogerty über seine weniger nostalgisc­hen Erinnerung­en an Woodstock plauderte: Dass sein Auftritt erst spät in der Nacht beginnen konnte statt am Abend, habe damit zu tun gehabt, dass vor ihm die Band Grateful Dead im LSD-Rausch die Instrument­e nicht mehr zweifelsfr­ei als solche erkennen konnte und das Konzert für eine Stunde unterbroch­en habe. Als Fogerty endlich in den frühen Morgenstun­den an der Reihe gewesen sei, habe der Großteil der 500.000 Anwesenden längst tief und fest geschlafen.

In der YouTube-Ära kann ihm so etwas nicht mehr passieren. Das Internet schläft nie, und die Coronasess­ions der FogertyHau­smusik verzeichne­ten Zugriffe im sechs- bis siebenstel­ligen Bereich. Wohl deshalb sind die Songs jetzt auch als Album erschienen: auch akustisch ohne große Garderobe, aber als Dokument einer Zeit, in der das Eigenheim zur Bühne wurde. Mit einer Ausnahme: Den Song „Centerfiel­d“spielte Fogertys Familie zu seinem 75. Geburtstag im Mai im leeren Stadion der Dodgers.

Album:

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Woodstock im Garten: John Fogerty und Tochter Kelsy bei der Hausmusik.
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