Die EU wird das Skifahren nicht verbieten
Nur drei Dinge können die Wintersaison gefährden: das Virus, Reisewarnungen und die Unvernunft. Brüssel kann nichts dafür.
Normalerweise herrscht um diese Jahreszeit in den Alpenländern freudige Aufbruchstimmung, weil die Skisaison unmittelbar bevorsteht. Dieses Jahr dagegen fragt man sich in den Wintersportdestinationen Österreichs, Italiens, Frankreichs und Deutschlands, wann und ob es überhaupt so etwas wie den gewohnten Skitourismus geben kann.
In diese Atmosphäre banger Erwartungen ist nun ein Vorstoß aus Rom geplatzt und hat Verwirrung, Ärger und Sorge ausgelöst. Der italienische Premierminister Giuseppe Conte schlägt vor, dass alle Skinationen der EU – die Schweiz wird sich freuen, aber das nur nebenbei – ihre Liftanlagen über Weihnachten stillstehen lassen sollen. Der Hintergedanke: lieber jetzt angesichts noch hoher Infektionszahlen auf das Geschäft mit dem weißen Gold der Alpen verzichten, dafür keine dritte Welle riskieren und den Rest der Saison, vor allem den Februar, retten.
Nun mag man diese Überlegungen teilen oder damit argumentieren, dass die Vorkehrungen für ein sicheres Skifahren zu Weihnachten genauso gut eingehalten werden können wie im Februar. Für beide Sichtweisen gibt es Gründe. Die am Dienstag aber sogar von zwei Regierungsmitgliedern geäußerte Befürchtung, die EU könnte das Skifahren zu Weihnachten generell verbieten, ist Unsinn. Finanzminister
Gernot Blümel und Tourismusministerin Elisabeth Köstinger riefen für diesen Fall sogar nach finanzieller Entschädigung aus Brüssel. Beide müssten es besser wissen. Weshalb ihre entsprechenden Wortmeldungen als typischer Anti-Brüssel-Reflex zu werten sind, der oft dann einsetzt, wenn es zu Hause Probleme gibt.
Die EU-Kommission kann das Öffnen der Skigebiete gar nicht verbieten, selbst wenn sie wollte. Dazu fehlt ihr schlicht die Kompetenz. Allenfalls kann sie allgemeine Empfehlungen über sicheres Reisen in Zeiten der Pandemie abgeben. Das hat sie bereits im Frühjahr getan. Die EU-Mitgliedsstaaten konnten sich daran halten – oder auch nicht. Kommissionsempfehlungen, ob Skilifte in Betrieb gehen sollen oder nicht, gab es nicht und wird es nicht geben.
Die Entscheidung ist den EU-Staaten überlassen. Niemand kann Österreich die Öffnung der Skigebiete untersagen. Die Alpenländer können sich über eine gemeinsame Skisaison abstimmen. Sie werden es, so zeigt die Erfahrung, eher nicht tun. Nicht „die EU“schadet dem Tourismus. Es sind das Virus, die Unvernunft vieler Menschen und die Reisewarnungen, mit denen sich die Länder gegenseitig überziehen.