Impfpflicht durch die Hintertür?
Ohne Coronaimpfung nicht zur Großveranstaltung: Für den Obmann der Gesundheitskasse, Andreas Huss, ist das durchaus vorstellbar. Doch geht das rechtlich überhaupt?
WIEN. Einreise nur unter bestimmten Impf-Voraussetzungen. Das gilt schon jetzt in einigen Ländern weltweit, wenn es etwa um Gelbfieber geht. Verpflichtende Impfungen (Masern etc.) sind auch für Austauschschüler Pflicht, wenn sie beispielsweise in den USA ein Schulsemester absolvieren wollen. Spätestens seit die australische Airline Qantas angekündigt hat, in Zukunft nur noch Passagiere befördern zu wollen, die gegen Corona geimpft seien, stellt sich die Frage: Wird die Coronaimpfung zur Pflicht, wenn wir bestimmte Freiheiten – etwa die
Reisefreiheit – wiedererlangen wollen? Wird sie zur Voraussetzung für den Besuch eines Popkonzerts? Den einer Sportveranstaltung?
Zumindest was Einreiseverpflichtungen angeht, ist diese Debatte noch nicht auf EU-Ebene angekommen. Auch wenn die finnische Premierministerin Sanna Marin jüngst in ihrem Vorstoß für ein EU-weites Vorgehen für sicheres Reisen hat anklingen lassen, dass die bald verfügbare Coronaimpfung sowie Immunitätsnachweise von jenen, die Corona überstanden haben, in diese Strategie mit einfließen müssten. Einreisebeschränkungen sind grundsätzlich ohnehin nationale Angelegenheiten – die EU kann nur Empfehlungen abgeben.
Der Obmann der Österreichischen Gesundheitskasse (ÖGK), Andreas Huss, hat sich im Sommer beim Forum Alpbach zwar gegen eine Impfpflicht (die in Österreich ohnehin nicht geplant ist, Anm.), aber für „klar definierte Konsequenzen“für jene ausgesprochen, die sich gegen eine Impfung entscheiden. Das heiße, dass etwa nur mehr jene bei einem großen Konzert oder einem großen Sportereignis eingelassen würden, die geimpft seien – vor allem, wenn es sich um Veranstaltungen in Innenräumen handle, sagte er damals im Interview mit medonline.at. Wie bei Masern, führte er aus, würde er auch in Schulen, sofern Coronaerkrankungsfälle auftreten, ungeimpfte Kinder dann verpflichtend zu Hause belassen.
Im SN-Gespräch bestätigt er seine Aussagen: „Die Voraussetzung einer Impfung kann eine Alternative sein, bevor ich Veranstaltungen – etwa im Großen Festspielhaus bei den Salzburger Festspielen oder Rock- und Popkonzerte – gar nicht stattfinden lasse. Da sagen wir besser: Ja, wir lassen das stattfinden, aber nur mit Besuchern, die immun sind gegen das Virus.“Aber: „Das wäre erst vorstellbar, wenn die Impfung für alle niederschwellig und kostenlos zugänglich ist. Und wenn klar ist, dass die Impfung gut verträglich ist – auch in der Langzeitwirkung“, sagt Huss.
Ist eine solche Impfpflicht durch die Hintertür rechtlich möglich? Der Arbeits- und Sozialrechtler Martin Gruber-Risak von der Universität Wien weist darauf hin, dass man sich grundsätzlich im Rahmen der Privatautonomie aussuchen könne, mit wem man Verträge abschließe. Dies werde nur bei der Infrastruktur durchbrochen: Strom-, und Kanalanbindung oder öffentlicher Transport dürften nicht aus unsachlichen Gründen verweigert werden. Vom Transport im Flugzeug oder der Bahn könne man Personen also nicht so einfach ausschließen. Die Impfung sei hier kein sachlicher Grund, wenn es andere Maßnahmen gebe, das Infektionsrisiko niedrig zu halten, die – wie ein PCR-Test – weniger stark in die körperliche Integrität eingriffen.
Fitnessstudios oder Konzertveranstalter könnten laut Gruber-Risak aber auf einem Impfnachweis bestehen, da sie nicht offenlegen oder begründen müssen, warum sie mit jemandem nicht ins Geschäft kommen wollen. Das Gleichbehandlungsgesetz stehe dem nicht im Wege, da es nur bei Diskriminierung wegen ethnischer Zugehörigkeit oder des Geschlechts wirke.
„Die Voraussetzung einer Impfung kann eine Alternative sein“