„Beschweren Sie sich beim Salzamt“2.0
Nachhaltige Unbestechlichkeit und der Gewürzhandel haben mehr miteinander zu tun, als man denkt.
Die neue rot-pinke Stadtregierung in Wien steht ganz im Zeichen von Wiederkehr. Das ist jetzt kein plumper Scherz mit dem Namen des neuen Wiener Vizebürgermeisters und NeosChefs, sondern eine Tatsachenfeststellung, zu deren Untermauerung wir allerdings historisch etwas ausholen müssen.
Also: Da der Staat schon immer Geld brauchte, betätigte er sich einstens als Salzmonopolist. Nur er hatte das Recht, das Salz im gleichnamigen Kammergut fördern zu lassen, es hernach etwa nach Wien zu verschiffen und dort zu verkaufen. Die Geldmittel, die er damit einnahm, waren überaus nennenswert – sozusagen das Salz des Budgets. Und die Behörde, die für den Verkauf des einträglichen Gewürzes sorgte, war das Salzamt.
Im Jahre 1824, als das staatliche Salzmonopol fiel, wurde diese Behörde geschlossen. Dennoch war ihr ein langes und bis heute andauerndes Nachleben beschieden, denn wenn jemand in Österreich einen Missstand beklagen möchte, bekommt er unter Garantie die geradezu sprichwörtliche Antwort, er möge sich beim Salzamt beschweren.
Der Staat trug diesem Diktum insofern Rechnung, als er das Landesverwaltungsgericht Steiermark, bei dem die Steirer missglückte Verwaltungsakte beeinspruchen können, in der Grazer Salzamtsgasse angesiedelt hat. In Wien hingegen – und damit kommen wir zu unserer Eingangsfeststellung zurück – hat man einen anderen und viel direkteren Weg als eine Gerichtsgründung eingeschlagen, nämlich die Wiederkehr des Salzamts.
Und zwar verständigten sich die beiden Regierungsparteien SPÖ und Neos darauf, in Wien neben dem Bundesamt für Korruptionsbekämpfung und der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft nun auch noch eine Wiener Anti-Korruptions-Ombudsstelle einzurichten, um, wie es im Koalitionspakt heißt, eine „nachhaltige Kultur der Unbestechlichkeit und Transparenz“zu implementieren.
Warum diese neue, mittlerweile dritte AntiKorruptions-Behörde in Wien nötig ist, das hat die sozialdemokratische „Arbeiterzeitung“mit der Feststellung begründet: „Die Wiener Stadtverwaltung steht in ihren unbegrenzten Korruptionsmöglichkeiten unter allen Kommunalverwaltungen einzig dar.“Freilich schrieb sie das nicht jetzt, sondern vor mehr als 100 Jahren, als in Wien noch nicht die Roten, sondern die Schwarzen regierten. Aber man weiß ja: Manche Dinge sind nachhaltig …
Wo die neue Behörde angesiedelt wird, ist noch offen. Anbieten würde sich die Adresse des einstigen Salzamts am Ruprechtsplatz. Damit könnten Synergien genutzt werden, schließlich dürften die Beschwerdeaussichten in beiden Ämtern gleich groß sein.