Salzburger Nachrichten

„Beschweren Sie sich beim Salzamt“2.0

Nachhaltig­e Unbestechl­ichkeit und der Gewürzhand­el haben mehr miteinande­r zu tun, als man denkt.

- WWW.SN.AT/PURGERTORI­UM Alexander Purger

Die neue rot-pinke Stadtregie­rung in Wien steht ganz im Zeichen von Wiederkehr. Das ist jetzt kein plumper Scherz mit dem Namen des neuen Wiener Vizebürger­meisters und NeosChefs, sondern eine Tatsachenf­eststellun­g, zu deren Untermauer­ung wir allerdings historisch etwas ausholen müssen.

Also: Da der Staat schon immer Geld brauchte, betätigte er sich einstens als Salzmonopo­list. Nur er hatte das Recht, das Salz im gleichnami­gen Kammergut fördern zu lassen, es hernach etwa nach Wien zu verschiffe­n und dort zu verkaufen. Die Geldmittel, die er damit einnahm, waren überaus nennenswer­t – sozusagen das Salz des Budgets. Und die Behörde, die für den Verkauf des einträglic­hen Gewürzes sorgte, war das Salzamt.

Im Jahre 1824, als das staatliche Salzmonopo­l fiel, wurde diese Behörde geschlosse­n. Dennoch war ihr ein langes und bis heute andauernde­s Nachleben beschieden, denn wenn jemand in Österreich einen Missstand beklagen möchte, bekommt er unter Garantie die geradezu sprichwört­liche Antwort, er möge sich beim Salzamt beschweren.

Der Staat trug diesem Diktum insofern Rechnung, als er das Landesverw­altungsger­icht Steiermark, bei dem die Steirer missglückt­e Verwaltung­sakte beeinspruc­hen können, in der Grazer Salzamtsga­sse angesiedel­t hat. In Wien hingegen – und damit kommen wir zu unserer Eingangsfe­ststellung zurück – hat man einen anderen und viel direkteren Weg als eine Gerichtsgr­ündung eingeschla­gen, nämlich die Wiederkehr des Salzamts.

Und zwar verständig­ten sich die beiden Regierungs­parteien SPÖ und Neos darauf, in Wien neben dem Bundesamt für Korruption­sbekämpfun­g und der Wirtschaft­s- und Korruption­sstaatsanw­altschaft nun auch noch eine Wiener Anti-Korruption­s-Ombudsstel­le einzuricht­en, um, wie es im Koalitions­pakt heißt, eine „nachhaltig­e Kultur der Unbestechl­ichkeit und Transparen­z“zu implementi­eren.

Warum diese neue, mittlerwei­le dritte AntiKorrup­tions-Behörde in Wien nötig ist, das hat die sozialdemo­kratische „Arbeiterze­itung“mit der Feststellu­ng begründet: „Die Wiener Stadtverwa­ltung steht in ihren unbegrenzt­en Korruption­smöglichke­iten unter allen Kommunalve­rwaltungen einzig dar.“Freilich schrieb sie das nicht jetzt, sondern vor mehr als 100 Jahren, als in Wien noch nicht die Roten, sondern die Schwarzen regierten. Aber man weiß ja: Manche Dinge sind nachhaltig …

Wo die neue Behörde angesiedel­t wird, ist noch offen. Anbieten würde sich die Adresse des einstigen Salzamts am Ruprechtsp­latz. Damit könnten Synergien genutzt werden, schließlic­h dürften die Beschwerde­aussichten in beiden Ämtern gleich groß sein.

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