Corona erschwert Zugang zu Recht
Die Rechtsanwaltskammer hat die kostenlose Erstberatung eingestellt.
WIEN. Die Ausgangsbeschränkungen in der Coronakrise haben dazu geführt, dass die Rechtsanwaltskammer ihre kostenlose Erstberatung in Rechtsfragen seit 3. November eingestellt hat. Im Gegensatz zum ersten Lockdown im Frühjahr sind jetzt allerdings Rechtsanwaltskanzleien und auch Gerichte geöffnet, Verhandlungen finden statt. Die Interessenvertretung selbst hat stets damit geworben, dass die Gratisberatung einen möglichst niederschwelligen Zugang zum Recht gewährleisten soll. Kritiker orten in der Einstellung des Services eine Aushöhlung des Rechtsstaats. „Die Bürger haben während der Pandemie nicht denselben Zugang zum Recht wie außerhalb der Pandemie“, argumentiert Jogy Wolfmeyer von den „Buntkarierten“, einer Bürgerliste in Vorarlberg.
Zuletzt war die Terminvergabe nur noch online über die Rechtsanwaltskammer Wien (www.rakwien.at) erfolgt und nicht mehr über den Nummernautomaten im Erdgeschoß. Im Raum selbst setzte sich der Klient vor einen eigens für die Erstberatung aufgestellten Bildschirm. Diensthabende Rechtsanwälte wählten sich über eine Onlinemaske ein und leisteten die Beratung digital per Videochat.
„Eine Onlineberatung wird einer 80-jährigen Mindestrentnerin nichts nutzen“, kritisiert Wolfmeyer. Er fordert, dass die kostenlose Erstberatung in Zeiten einer Pandemie auch ohne Ausweispflicht über Telefon möglich sein müsste. Die Arbeiterkammer biete auch weiter telefonische Rechtsberatung an.
Die Anwaltskammer beharrt auf „face to face“-Beratung, nur so sei auch die Sicherheit der Kommunikation gewährleistet. Zudem handle es sich um einen freiwilligen Service, auf den Bürger keinen Rechtsanspruch hätten. Die Leistung wird übrigens sehr stark nachgefragt. Von Juli bis November gingen binnen vier Monaten 1652 Anfragen über die Onlineanmeldemaske an die Erste Anwaltliche Auskunft zu diversen Rechtsgebieten ein.