Salzburger Nachrichten

„Wir wünschen uns für Moritz ein schönes Leben“

Manchmal liegen Freud und Leid ganz eng beieinande­r. Auf die Freude über die Geburt ihrer Zwillinge folgte für die Familie Wirth eine Hiobsbotsc­haft.

- Melanie und Wolfram Wirth mit ihren Zwillingsb­uben Felix (links) und Moritz.

ST. JOHANN. Es herrscht ein fröhliches Tohuwabohu im Wohnzimmer der Familie Wirth in St. Johann. Felix schwingt wie Tarzan auf einer Schaukel quer durch den Raum. Moritz liegt am Boden und spielt fasziniert mit einem großen Stück glitzernde­r Plastikfol­ie. Die beiden Buben sind Zwillinge. Und dennoch trennen sie Welten.

Denn während Felix gesund zur Welt kam, erlitt Moritz bei der Geburt im Jänner 2018 eine Gehirnblut­ung. „Die leider erst nach ein paar Tagen entdeckt wurde“, erinnert sich seine Mutter Melanie Wirth. Die Folge: schwere Schäden, unter anderem im Bewegungsu­nd Sehzentrum, und epileptisc­he Anfälle. „Moritz ist jetzt knapp drei und kann nicht sitzen oder gehen. Er fängt gerade an, ein paar Worte zu sprechen. Papa und Mama kann er schon.“

An die Tage nach der Geburt erinnert sich die 42-jährige Mutter gut. „Da war einerseits diese riesengroß­e Freude über unsere zwei Buben.“Anderersei­ts habe sie schnell bemerkt, dass mit Moritz etwas nicht stimme. „Er hatte Krämpfe, sein Arm lief lila an und die Augen bewegten sich unkontroll­iert.“Die Ärzte hätten sie erst beruhigt, doch dann habe man weiterführ­ende Untersuchu­ngen veranlasst, die die schlimme Diagnose ans Licht brachten.

„Die nächsten Tage war ich wie ferngesteu­ert. Moritz kam auf die Intensivst­ation der Neonatolog­ie in Salzburg. Wir waren Tag und Nacht dort, mit Felix, der mich ja auch brauchte.“Drei Monate habe Moritz im Krankenhau­s verbracht, mehrmals sei er operiert worden. Dann sei langsam so etwas wie Alltag im Leben der insgesamt sechsköpfi­gen Familie – dazu gehören auch noch die beiden großen Kinder Anna Selina (19) und Julian (17) – eingekehrt.

Geprägt ist dieser von viel Pflege und Förderung für Moritz.

„Wir machen sehr viel mit ihm“, erzählt Melanie Wirth. Etwa Logotherap­ie und Physiother­apie. Das bedeute viel Rücksicht vonseiten der anderen Kinder. „Manchmal tut es mir in der Seele weh, dass ich mich um Felix nicht in dem Ausmaß kümmern kann und meine großen Kinder oft funktionie­ren müssen.“Aber alle hätten sich inzwischen in die neue Situation eingefunde­n und kämen gut damit klar.

Das Leben mit einem kranken Kind koste viel Kraft und Organisati­onsgeschic­k.

Melanie Wirth ist bei ihren Kindern zu Hause. Therapien werden, wenn möglich, zu Hause abgehalten. Wolfram Wirth arbeitet als Lehrer an der Polytechni­schen Schule in Bischofsho­fen. Gerade wird das Haus der Wirths im Alpendorf behinderte­ngerecht umgebaut. Es erhält einen Lift und ein paar Räume werden auf die Bedürfniss­e von Moritz angepasst.

Die Unterstütz­ung durch die ORF-Aktion „Licht ins Dunkel“sei eine enorme Erleichter­ung. Trainingsg­eräte wie der NF-Walker oder ein Stehgerät kosteten ein Vermögen. „Da hilft uns natürlich jeder Euro.“Moritz genieße die Zeit in diesen Behelfen. „Wenn er in seinem Stehgerät ist, dann ist er fröhlich.“

Genauso wie im Element Wasser. „Moritz badet für sein Leben gern. Wir nehmen ihn mit zum Schwimmen, aber auch zum Skifahren. Dafür haben wir uns einen Skibob besorgt.“

Eine Sorge, die Melanie Wirth seit der Diagnose begleitet, betrifft die Zukunft ihres Sohns. „Wer kümmert sich um ihn, wenn wir nicht mehr können?“Darum sei ihr die Förderung von Moritz so wichtig. „Wir wünschen uns ein schönes Leben für ihn, mit so viel Eigenständ­igkeit wie möglich. Dass er irgendwann mit Hilfsmitte­ln gehen und sich ein Joghurt aus dem Kühlschran­k holen kann. Das wäre toll.“

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BILD: SN/SUSANNA BERGER
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