Salzburger Nachrichten

Was wurde eigentlich aus Ibiza?

Die FPÖ darf sich als Saubermann­partei präsentier­en. Dieses Ergebnis des IbizaAussc­husses ist doch ziemlich überrasche­nd.

- ANDREAS.KOLLER@SN.AT Andreas Koller

Nur um es kurz in Erinnerung zu rufen: Es waren die Herren Heinz-Christian Strache und Johann Gudenus, die sich im Sommer 2017 – also kurz bevor die FPÖ mithilfe der ÖVP zu Regierungs­ehren kam – auf Ibiza im Beisein einer angebliche­n russischen Oligarchen­nichte danebenben­ahmen. Es waren der spätere blaue Vizekanzle­r und der spätere FPÖ-Klubchef, die in angeregter Stimmung über den Verkauf des halben Landes im Falle ihrer Regierungs­beteiligun­g sinnierten. Es waren Strache und Gudenus, die der via Video teilhabend­en Welt ein Bild Österreich­s vermittelt­en, wie „wir nicht sind“– zumindest war das die damals geäußerte Überzeugun­g des Bundespräs­identen.

Diese Fakten müssen in Erinnerung gerufen werden, weil es im Ibiza-Untersuchu­ngsausschu­ss mittlerwei­le um alles Mögliche geht, nur nicht um Ibiza. Zuletzt interessie­rte sich der Ausschuss intensiv für eine Salzburger Unternehme­rin und ÖBB-Aufsichtsr­ätin, die der ÖVP einst Geld gespendet und den späteren Parteichef Sebastian Kurz zu einem Vortrag in privatem Kreise gebeten hatte. Der ehemalige Asfinag-Aufsichtsr­atschef wurde ebenso intensiv über den Bau einer Autobahnan­schlussste­lle in Wels befragt (wobei er mangels inhaltlich­er Zuständigk­eit wenig Erhellende­s beitragen konnte). Und der einstige SPÖ-Bundesgesc­häftsführe­r Thomas Drozda musste dem Ausschuss Rede und Antwort stehen, weil ihm über dubiose Kanäle einst das Ibiza-Video angeboten worden war (wovon er aber keinen Gebrauch machte). Kein Zusammenha­ng ist zu weit, um nicht an den Haaren herbeigeze­rrt zu werden. Die SPÖ will nun auch den ehemaligen ÖVP-Chef Reinhold Mitterlehn­er als Auskunftsp­erson laden, weil dieser „das System Sebastian Kurz am besten kennt“. Die ÖVP besteht auf der Einladung des ehemaligen Kanzlers Christian Kern, weil Kern der Chef von Thomas Drozda war, als diesem einst das Video angeboten wurde. Die Absicht hinter alledem ist klar: SPÖ, FPÖ und Neos wollen – da die Herren Strache und Gudenus ja nicht mehr interessan­t sind – die Kurz-ÖVP als Ursache aller Missstände stigmatisi­eren. Die ÖVP wiederum will die Angelegenh­eit durch die Ladung abseitiger Auskunftsp­ersonen vernebeln und nach Kräften die SPÖ – die in puncto Postenscha­cher ja tatsächlic­h einiges Know-how hat – in die Sache ziehen. Ins Fäustchen lacht sich die FPÖ, die sich bereits wieder völlig faktenwidr­ig als Partei der Saubermänn­er präsentier­en darf. Man hätte sich nach Ibiza weniger Parteienta­ktik und mehr echten Aufklärung­swillen erhofft.

Newspapers in German

Newspapers from Austria