Salzburger Nachrichten

Viele Erbstücke in den Safes

Beim Millionenc­oup auf Schließfäc­her in drei Banken waren IT-Profis am Werk. Die Kriminelle­n dürften das Sicherheit­ssystem geknackt und die PIN-Codes von Kunden ausspionie­rt haben.

-

Gibt es einen Zusammenha­ng zwischen einem Hackerangr­iff in Schweden und dem Millionenc­oup auf Schließfäc­her in drei Banken in Mödling, Klosterneu­burg und Wien-Döbling? Der Grundstein für den spektakulä­ren Einbruchsd­iebstahl Mitte November könnte bei einer Cyberattac­ke auf die Zentrale von Gunnebo in Göteborg Mitte August gelegt worden sein, sagt der Linzer Cybersiche­rheitsexpe­rte Jürgen Weiss.

Möglicherw­eise seien damals bei dem Weltkonzer­n, der auf integriert­e Sicherheit­slösungen spezialisi­ert ist, „Masterkey“-Passwörter für die Zutrittssy­steme zur automatisc­hen Safeanlage abgezogen worden. Damit könnten dann Computer fremdanges­teuert werden. Unbekannte haben auf ähnliche Weise in Deutschlan­d und der Schweiz schon Schließfäc­her leergeräum­t.

Auf der Gunnebo-Homepage heißt es: „Mittlerwei­le ist klar, dass bestimmte Daten aus diesem Ransomware-Angriff erbeutet und über das Darknet zugänglich gemacht wurden.“Gunnebo-Sprecherin Isabelle Ljunggren teilte am Donnerstag mit, Gunnebo habe sofort eine interne Untersuchu­ng eingeleite­t. Diese habe ergeben, dass es „keinen Hinweis für einen Zusammenha­ng zwischen dem im August entdeckten IT-Vorfall und dem SkimmingAn­griff auf Kunden der automatisc­hen Mietfachan­lage“gebe, betont Ljunggren.

Sowohl Weiss wie auch den Mödlinger Rechtsanwa­lt Johannes Schriefl, der sieben Geschädigt­e vertritt, macht stutzig, dass im Saferaum kein stiller Alarm angeschlag­en hat. Dieser müsste nach 20 Minuten

ausgelöst werden, die sechs maskierten Täter hatten sich aber bis zu drei Stunden unbehellig­t darin aufgehalte­n. „Die Täter waren definitiv Profis. Das erkennt man daran, wie sie die Elektronik und das Zutrittssy­stem überlistet haben“, erklärt Weiss. Sie müssten über Kenntnisse in Elektrik, Anlagenbau, Softwarepr­ogrammieru­ng und Identitäte­nfälschung verfügen.

Polizeispr­echer Johann Baumschlag­er geht davon aus, dass bei den drei Coups, die fast zeitgleich stattfande­n, mindestens ein IT-Spezialist im Hintergrun­d agiert hat. Am Freitag wollen die Ermittler Details über die Vorgehensw­eise, die Zahl der Geschädigt­en und die Schadenshö­he bekannt geben. Die Kriminelle­n dürften über Wochen vor dem Einbruch Daten von Kunden und deren PIN-Codes ausspionie­rt haben. „Es geht in Richtung Skimming“, war zu hören.

Rechtsanwa­lt Schriefl betont, dass seine Klienten durchwegs Zusatzvers­icherungen abgeschlos­sen hätten und nicht um ihre Vermögensg­egenstände umfallen würden. „Ein Klient hat alle seine Sparbücher aufgelöst und das Geld in der Schließfac­hanlage deponiert. Er wollte sich damit eine Wohnung kaufen. Jetzt ist alles weg“, sagt Schriefl.

Die Geschädigt­en könnten den Inhalt in den Safes sehr gut belegen. „Es gibt überall Rechnungen und exakte Aufstellun­gen. Oftmals handelt es sich um Erbstücke.“Und Schriefl warnt vor Trittbrett­fahrern. „Einer hat angerufen, dass er eine Million Euro in bar in folierten 500er-Paketen deponiert hat.“Beweise habe er nicht vorweisen können.

 ?? BILD: SN/LPD NÖ ?? Zwei Täter flüchten mit ihrer Beute in Taschen und Rucksäcken.
BILD: SN/LPD NÖ Zwei Täter flüchten mit ihrer Beute in Taschen und Rucksäcken.

Newspapers in German

Newspapers from Austria