Jobvernichtung per Mausklick: Das muss man nicht akzeptieren
Es gibt viele gute Gründe, beim Einkaufen jetzt die Stopptaste zu drücken.
Gleich vorweg sei vor einem gängigen Wunschbild gewarnt: Eine Regionalisierung von Wertschöpfungsketten, also alles „made in Austria“, von der Jeans bis zur Maschine, würde Österreich nicht den Himmel auf Erden bringen. Das Gegenteil wäre der Fall, denn 56 Prozent der Wertschöpfung der doch recht kleinen Volkswirtschaft entstehen über Lieferungen ins Ausland bzw. Kunden aus dem Ausland. Ohne sie müssten viele Unternehmen zusperren, Jobs gingen in gewaltigem Ausmaß verloren. Der Heimmarkt Österreichs ist zu klein, um alle über rein regionale Kreisläufe zu ernähren.
Und doch gibt es viele Gründe, die Stopptaste zu drücken: Kann man heute noch einkaufen, ohne sich die Frage zu stellen, welche Wirtschaft man damit gestaltet? Dazu einige Fakten zum Marktführer im Onlinehandel: Amazon ist ein US-amerikanisches Unternehmen, das darauf angelegt ist, in Ländern, in denen es tätig ist, möglichst wenig Steuern zu zahlen, möglichst wenig für seine Mitarbeiter und Subunternehmer in Lagern und Logistik auszugeben und diese Wenigverdiener zudem großem Arbeitsdruck samt automatischer Überwachung ihrer Arbeitsgeschwindigkeit auszusetzen. Es besteht der Verdacht, dass Amazon die Preise der Waren kleiner Einzelhändler und Produzenten, die es über seinen Marktplatz vertreibt, in unfairer Weise selbst unterbietet, weil es die Daten der Partner zum eigenen Vorteil nutzt. Die EU-Kommission hat deshalb Untersuchungen eingeleitet.
In Frankreich, wo die Bewegung „Weihnachten ohne Amazon“breite Unterstützung hat, wurde errechnet, dass ein Arbeitsplatz, den der Onlineriese schafft, 4,5 Arbeitsplätze im Land vernichtet. Genaue Zahlen dazu sind schwer zu beschaffen, weil man nicht weiß, wie viele der 30 Prozent Einzelhändler, denen in den vergangenen 20 Jahren die Luft ausgegangen ist, wegen des zunehmenden Onlinehandels oder aus anderen Gründen schließen mussten. Fest steht, dass der zweite Lockdown wie eine gewaltige staatlich verordnete Umsatzspritze für den Onlinehandel wirkt, weil der stationäre Handel nicht öffnen darf. Laut Handelsverband werden demnächst 6000 österreichische Einzelhändler zusperren müssen.
Bei den Einkäufen in den nächsten Wochen kommt man somit an einer Frage nicht vorbei: Nimmt man mit ein paar Mausklicks in Kauf, dass das Sterben der kleinen Strukturen in der Nachbarschaft weitergeht? Oder gibt man denen eine Chance, die zwar in puncto Bequemlichkeit beim Bezahlen und Retoursenden noch nicht das Amazon-Niveau erreichen, aber menschengerechte Arbeitsplätze schaffen?