„Habe eigentlich gar nichts gewusst“Commerzialbank war für Ex-Finanzminister Schelling eine Unbekannte.
Der ehemalige Finanzminister Hans Jörg Schelling (ÖVP) hat am Donnerstag im U-Ausschuss zur Commerzialbank Mattersburg (Cb) betont, dass die Bank während seiner Amtszeit von 2014 bis 2017 nie ein Thema gewesen sei. „Ich muss leider sagen, dass ich von der Existenz dieser Bank, bis es medienöffentlich wurde, eigentlich gar nichts gewusst habe“, sagte er. Der Finanzminister sei nicht das Überwachungsorgan für die Finanzmarktaufsicht (FMA), sagte Schelling. Zu der Anzeige eines Whistleblowers im Jahr 2015 habe er keine Informationen gehabt. Die Medienberichte legten aus seiner Sicht aber nahe, dass es eine „tiefergehende Kontrolle von Vorgängen hätte geben müssen“, zunächst durch den Aufsichtsrat und in der Folge bei den Wirtschaftsprüfern.
So hätte nachgefragt werden sollen, ob das Geld physisch vorhanden sei, sagte Schelling. Man erlebe immer wieder, „dass die Sorgfaltspflicht offenbar nicht in dem Umfang wahrgenommen wurde, wie das erforderlich gewesen wäre“, so der Ex-Finanzminister. „Wenn man sich die Volumina der Bank anschaut, dann hätten schon alle Alarmglocken schrillen müssen.“
Für Aufsichtsräte halte er als Mindestanforderung das Durchlaufen einer Fit&Proper-Schulung für erforderlich. Außerdem sei es sinnvoll, Prüfer immer wieder zu wechseln. Als Finanzminister habe er zwar die Möglichkeit gehabt, Auskünfte von der FMA zu verlangen – „aber ich kann nur fragen, wenn ich etwas weiß“, sagte Schelling.
Andreas Ittner, bis 2019 Vizegouverneur der Oesterreichischen Nationalbank, sieht die Commerzialbank als Fall, bei dem „eine Bank systematisch vom eigenen Vorstand getäuscht und hintergangen wurde“. Es handle sich um einen „Kriminalfall und nicht um ein kollektives und umfassendes Versagen der Bankenaufsicht“, sagte Ittner. Die Commerzialbank sei offenbar bereits zu dem Zweck gegründet worden, die Kontrolle zu hintergehen.
Interne Kontrollmechanismen seien ausgeschaltet und „durch den Vorstand gezielt am korrekten Funktionieren gehindert worden“. Für ihn sei es bitter, „wenn man feststellt, dass man über Jahrzehnte getäuscht wurde“. Er könne sich das nur so erklären, „dass von Anfang an Fakten geschaffen wurden, die keine waren“. Die OeNB sei keine „Bankenpolizei“, sagte Ittner.
Die Bankenprüfung sei nicht auf das Aufdecken krimineller Machenschaften ausgelegt, sondern „auf seriöse, aber möglicherweise zu risikofreudige Banken“. Etwas wie die Commerzialbank, wo „jemand ganze Kreditaktivitäten erfindet, um eine Bilanz darzustellen, habe ich in meiner Karriere tatsächlich nicht erlebt“, sagte Ittner.
„Nationalbank ist keine Bankenpolizei.“