Ärzte und Pfleger sollten mit gutem Beispiel vorangehen
SALZBURG. Richard Greil, führender Coronamediziner in Salzburg, „wird sich mit Sicherheit sofort impfen lassen“, wenn die derzeit im Gespräch stehenden Impfstoffe zugelassen werden. Er selbst hat dazu alle wissenschaftlichen Daten der klinischen Studien in den Phasen I und II geprüft. Was die abschließenden Untersuchungen betrifft, muss er sich vorerst noch auf Medienund Firmenberichte verlassen. Die Unternehmen Pfizer, Biontech, Moderna oder AstraZeneca, deren Impfstoffe voraussichtlich in den kommenden Wochen genehmigt werden, seien aber alles Weltfirmen, die einen hohen Druck zu Korrektheit hätten.
Alle derzeit im Gespräch befindlichen Impfstoffe sind nach Angaben Greils nicht nur in allen Altersgruppen annähernd gleich gut wirksam. Auch die Nebenwirkungen, besonders bei den Älteren, hielten sich in engen Grenzen. Die Symptomatik sei ähnlich wie bei den gängigen InfluenzaImpfungen: Schmerzen an der Injektionsstelle, lokale Rötungen oder Schwellungen, die in der Regel nach ein, zwei Tagen wieder verschwinden. Ein kleiner Teil der Geimpften berichtet, wie Greil erklärt, von leichtem Schwächegefühl und erhöhter Temperatur, in selteneren Fällen könne es auch zu Fieber über 38 Grad kommen.
Greil hat auch wie eine der führenden Impfexpertinnen Österreichs, Ursula Wiedermann-Schmidt von der MedUni Wien, keine grundsätzlichen Bedenken, dass mit den neuen
Impfstoffen genetisches Material in die Zellen eingeschleust werde. Es werde keine DNA gespritzt, die in die menschliche Erbinformation integriert werden könne. Vereinfacht gesagt: Die sogenannte mRNA (Messenger-Ribonukleinsäure) der neuen CoronaImpfungen gelangt nicht in den Zellkern, sondern sie liefert den Bauplan für einzelne Proteine des Virus, die auch als Antigene bezeichnet werden. Die Antigene aktivieren das Immunsystem und rufen im Erfolgsfall die schützende Immunantwort hervor.
Für Richard Greil ist es strategisch vernünftig, im ersten Schritt vorrangig besonders gefährdete Menschengruppen zu impfen. Covid-19 sei derzeit in Österreich die häufigste Todesursache. Zuletzt starben rund 100 Menschen täglich am oder mit dem Coronavirus. Die über die vergangenen Jahre hinweg durchschnittliche tägliche Zahl der Toten liegt nach Angaben Greils bei 246. Das mache deutlich, wie ernst das Problem sei. Die Übersterblichkeit durch Covid-19 betrage derzeit rund 30 Prozent. „Man muss sich auch klarmachen, dass es nach wie vor keine effektiven medizinischen Maßnahmen für besonders gefährdete Menschen im Kampf gegen das Coronavirus gibt“, betont Greil.
Will man die Pandemie insgesamt und nicht nur in bestimmten Personengruppen bekämpfen, ist für ihn eine Durchimpfungsrate von 70 bis 80 Prozent erforderlich. „Alles über 50 Prozent ist diesbezüglich ein Gewinn. Man weiß nämlich auch noch nicht, wie lange die Impfungen wirken.“Für eine möglichst hohe Impfrate bedarf es, wie Greil sagt, einer neutralen Impfkampagne, um mit guten Sachargumenten jene Menschen abzuholen, die bereit sind, sich impfen zu lassen, oder die noch unsicher sind. Gegen militante Impfgegner, die sich sehr breitenwirksam zu Wort meldeten, reichten rationale Argumente allein nicht.
Der Coronamediziner spricht sich aber klar gegen eine Impfpflicht aus. „In einer aufgeklärten und freien Gesellschaft muss man in der Lage sein, durch Daten und Fakten und den Appell an die soziale Verantwortung die Leute zu überzeugen.“Für ihn ist es auch wichtig, dass Ärzte und Pflegepersonal mit gutem Beispiel vorangehen, weil sie in der Bevölkerung das größte Vertrauen hätten. Greil hält das auch bei der Grippeimpfung so: „Ich lasse mich öffentlich impfen, damit die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sehen, wie extrem wichtig die Impfung ist.“
„Die Menschen müssen mit Daten und Fakten
überzeugt werden.“