Testläufe für den Massentest
Die gute Nachricht: Der Test tut nicht weh. Die nicht so gute: Es entsteht gerade ein Testfleckerlteppich quer durch Österreich.
WIEN. Eine Turnhalle in Korneuburg. Der freundliche, in FFP3-Maske, Schutzbrille, Schutzoverall und eine doppelte Schicht Handschuhe verpackte Herr Oberleutnant-Arzt holt einen verdächtig langen Abstrichtupfer aus der Einwegverpackung und stochert in meinem linken Nasenloch, dann im rechten – leider vorerst ohne durchdringenden Erfolg. Er sagt, entspannter, als ich es gerade bin, „das ist der Vorführeffekt“und bohrt noch einmal im linken. Der Nasenschleimwiderstand ist gebrochen und der Tupfer gleitet sechs bis acht Zentimeter tief durch die Nase in den Nasenrachenraum. Die gute Nachricht: Das Drehen des Tupfers, das notwendig ist, um an genügend Sekret zu kommen, zupft zwar ein wenig, tut aber nicht weh und ist längst nicht so unangenehm wie befürchtet.
Zwei Soldaten mit Schutzbrille (Vieraugenprinzip) übernehmen den Tupfer, verrühren ihn für zehn Sekunden in einer Pufferlösung. Diese wird dann in die kleine Testkassette getropft. Zwei Soldaten ohne Schutzbrille (Vieraugenprinzip) übernehmen die Testkassette und schreiben die Uhrzeit auf das Datenblatt. Ich muss 15 Minuten in der extrem weiträumig bestuhlten Nachbarturnhalle, der „Wartezone“, sitzen und hoffen. Wenn der Balken neben dem C sichtbar wird, funktioniert die Testkassette, wenn der Balken neben dem T sichtbar wird, ist man coronapositiv. Die noch bessere Nachricht 15 Minuten später: Mein Corona-Antigentest ist negativ. Im Einbahnsystem geht es hinten aus der Halle wieder raus.
So wie dem Schreiber dieser Zeilen am Freitag bei einem Medientermin in der Musterteststraße des Bundesheers wird es kommendes Wochenende den allermeisten der 2000 im Bezirk Korneuburg ansässigen Pädagogen und Angehörigen des Schulpersonals auch gehen, die hier in drei vom Bundesheer organisierten Teststraßen getestet werden. 50 Personen pro Stunde wird eine mit sechs Soldaten und einem Sanitäter oder Arzt besetzte Straße in einer Zehnstundenschicht testen. 36.000 Pädagogen sollen vor Ende des Lockdowns so allein in Niederösterreich in 27 Teststationen mit 63 Teststraßen getestet werden. Österreichweit werden bis zu 200.000 Schul- und Kindergartenarbeitskräfte nächstes Wochenende zu Antigentests drankommen. Es soll ein penibles Anmeldesystem geben, um Staus zu vermeiden.
All jene, die positiv getestet werden, gehen auch nach Hause und werden in Niederösterreich dann von den Gesundheitsbehörden wegen eines noch treffsicheren PCRTests kontaktiert bzw. dafür an eine Drive-in-Teststation verwiesen. Man ist im elektronischen System und erhält von den Gesundheitsbehörden die nötigen Bescheide. In anderen Bundesländern wird man im Fall eines positiven Antigentests in der Massenteststraße aus der Wartezone gleich wieder zu einem weiteren Rachenabstrich gebeten werden, der dann aber in einem Labor
ausgewertet werden muss.
Aus den ursprünglich geplanten einheitlichen Massentestungen der Bevölkerung vor Weihnachten, für die das Bundesheer die Logistik und die Erfahrungen aus den vorgezogenen Testläufen für die Pädagogen bereitstellen sollte, ist ein offenbar nicht nur für das Bundesheer derzeit sehr unübersichtlicher Bundesländerwettlauf und Maßnahmenfleckerlteppich geworden.
Nicht alle Bundesländer haben dabei das vom Bundesheer angebotene Paket angenommen. In der Steiermark führt das Bundesheer sowohl die Tests der Lehrer als auch die Massentests der Bevölkerung durch. In Vorarlberg wird das Heer nur die Transportlogistik für die Testkits bereitstellen. In Oberösterreich ist das Militär für die Organisation der Testung der Pädagogen verantwortlich, nicht aber für die Massentests, die das Land selbst organisieren wird. Eine ganze Reihe von Bundesländern hat den Zeitpunkt der Massentests vorgezogen.
Dass Wien bereits ab kommenden Mittwoch mit den Massentests beginnen will, hat man beim Bundesheer überrascht erst aus den Medien erfahren. Das große Problem: Die Technologie für das digitale Abwicklungssystem, das mit online buchbaren Zeitfenstern einen Betrieb ohne Staus vor den Teststraßen sicherstellen soll, wird plangemäß erst in einigen Wochen zur Verfügung stehen. Das könnte auch zum Problem für andere Bundesländer werden, die es mit den Massentests besonders eilig haben.
Das Bundesheer werde jedenfalls alle Kräfte einsetzen, die Stadt Wien ab Mittwoch bei der vorgezogenen Testung mit allen Kräften zu unterstützen, erklärt ein Sprecher des Bundesheers den SN. Nachsatz: „Ich glaube nicht, dass es möglich ist, eine Zwei-Millionen-Stadt ohne die Software zu testen.“