Salzburger Nachrichten

Testläufe für den Massentest

Die gute Nachricht: Der Test tut nicht weh. Die nicht so gute: Es entsteht gerade ein Testflecke­rlteppich quer durch Österreich.

- HELMUT SCHLIESSEL­BERGER

WIEN. Eine Turnhalle in Korneuburg. Der freundlich­e, in FFP3-Maske, Schutzbril­le, Schutzover­all und eine doppelte Schicht Handschuhe verpackte Herr Oberleutna­nt-Arzt holt einen verdächtig langen Abstrichtu­pfer aus der Einwegverp­ackung und stochert in meinem linken Nasenloch, dann im rechten – leider vorerst ohne durchdring­enden Erfolg. Er sagt, entspannte­r, als ich es gerade bin, „das ist der Vorführeff­ekt“und bohrt noch einmal im linken. Der Nasenschle­imwidersta­nd ist gebrochen und der Tupfer gleitet sechs bis acht Zentimeter tief durch die Nase in den Nasenrache­nraum. Die gute Nachricht: Das Drehen des Tupfers, das notwendig ist, um an genügend Sekret zu kommen, zupft zwar ein wenig, tut aber nicht weh und ist längst nicht so unangenehm wie befürchtet.

Zwei Soldaten mit Schutzbril­le (Vieraugenp­rinzip) übernehmen den Tupfer, verrühren ihn für zehn Sekunden in einer Pufferlösu­ng. Diese wird dann in die kleine Testkasset­te getropft. Zwei Soldaten ohne Schutzbril­le (Vieraugenp­rinzip) übernehmen die Testkasset­te und schreiben die Uhrzeit auf das Datenblatt. Ich muss 15 Minuten in der extrem weiträumig bestuhlten Nachbartur­nhalle, der „Wartezone“, sitzen und hoffen. Wenn der Balken neben dem C sichtbar wird, funktionie­rt die Testkasset­te, wenn der Balken neben dem T sichtbar wird, ist man coronaposi­tiv. Die noch bessere Nachricht 15 Minuten später: Mein Corona-Antigentes­t ist negativ. Im Einbahnsys­tem geht es hinten aus der Halle wieder raus.

So wie dem Schreiber dieser Zeilen am Freitag bei einem Medienterm­in in der Mustertest­straße des Bundesheer­s wird es kommendes Wochenende den allermeist­en der 2000 im Bezirk Korneuburg ansässigen Pädagogen und Angehörige­n des Schulperso­nals auch gehen, die hier in drei vom Bundesheer organisier­ten Teststraße­n getestet werden. 50 Personen pro Stunde wird eine mit sechs Soldaten und einem Sanitäter oder Arzt besetzte Straße in einer Zehnstunde­nschicht testen. 36.000 Pädagogen sollen vor Ende des Lockdowns so allein in Niederöste­rreich in 27 Teststatio­nen mit 63 Teststraße­n getestet werden. Österreich­weit werden bis zu 200.000 Schul- und Kindergart­enarbeitsk­räfte nächstes Wochenende zu Antigentes­ts drankommen. Es soll ein penibles Anmeldesys­tem geben, um Staus zu vermeiden.

All jene, die positiv getestet werden, gehen auch nach Hause und werden in Niederöste­rreich dann von den Gesundheit­sbehörden wegen eines noch treffsiche­ren PCRTests kontaktier­t bzw. dafür an eine Drive-in-Teststatio­n verwiesen. Man ist im elektronis­chen System und erhält von den Gesundheit­sbehörden die nötigen Bescheide. In anderen Bundesländ­ern wird man im Fall eines positiven Antigentes­ts in der Massentest­straße aus der Wartezone gleich wieder zu einem weiteren Rachenabst­rich gebeten werden, der dann aber in einem Labor

ausgewerte­t werden muss.

Aus den ursprüngli­ch geplanten einheitlic­hen Massentest­ungen der Bevölkerun­g vor Weihnachte­n, für die das Bundesheer die Logistik und die Erfahrunge­n aus den vorgezogen­en Testläufen für die Pädagogen bereitstel­len sollte, ist ein offenbar nicht nur für das Bundesheer derzeit sehr unübersich­tlicher Bundesländ­erwettlauf und Maßnahmenf­leckerltep­pich geworden.

Nicht alle Bundesländ­er haben dabei das vom Bundesheer angebotene Paket angenommen. In der Steiermark führt das Bundesheer sowohl die Tests der Lehrer als auch die Massentest­s der Bevölkerun­g durch. In Vorarlberg wird das Heer nur die Transportl­ogistik für die Testkits bereitstel­len. In Oberösterr­eich ist das Militär für die Organisati­on der Testung der Pädagogen verantwort­lich, nicht aber für die Massentest­s, die das Land selbst organisier­en wird. Eine ganze Reihe von Bundesländ­ern hat den Zeitpunkt der Massentest­s vorgezogen.

Dass Wien bereits ab kommenden Mittwoch mit den Massentest­s beginnen will, hat man beim Bundesheer überrascht erst aus den Medien erfahren. Das große Problem: Die Technologi­e für das digitale Abwicklung­ssystem, das mit online buchbaren Zeitfenste­rn einen Betrieb ohne Staus vor den Teststraße­n sicherstel­len soll, wird plangemäß erst in einigen Wochen zur Verfügung stehen. Das könnte auch zum Problem für andere Bundesländ­er werden, die es mit den Massentest­s besonders eilig haben.

Das Bundesheer werde jedenfalls alle Kräfte einsetzen, die Stadt Wien ab Mittwoch bei der vorgezogen­en Testung mit allen Kräften zu unterstütz­en, erklärt ein Sprecher des Bundesheer­s den SN. Nachsatz: „Ich glaube nicht, dass es möglich ist, eine Zwei-Millionen-Stadt ohne die Software zu testen.“

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BILD: SN/APA/GEORG HOCHMUTH Millionen Abstrichtu­pfer werden in den nächsten Wochen in die Pufferlösu­ng getaucht werden.

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