Salzburger Nachrichten

Adventkale­nder können klingen

Statt zum Schauen oder zum Schlecken bieten Musiker kleine Überraschu­ngen zum Hören.

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WIEN, SALZBURG. Die Leiterin des österreich­ischen Volksliedw­erks, Irene Egger, saß am Freitag noch Videos sichtend an ihrem Computer. Denn erstmals hat der Verband der Volksliedw­erke der Bundesländ­er für einen klingenden Adventkale­nder heuer einen Aufruf lanciert: Musiker und Sänger sollten querformat­ige Videos einschicke­n. Gesucht würden „Lieder und Musikstück­e, die man gerne in der Adventzeit musiziert und singt, solistisch oder mit FreundInne­n, Verwandten, Kindern (bitte gegebenenf­alls auf Abstandsre­geln achten), mit und ohne Begleitung sowie instrument­al“. Aus den Einsendung­en stellt Irene Egger nun den Adventkale­nder zusammen und weiß bereits: Am 1. Dezember wird auf einem YouTube-Kanal mit dem Lied „Das allerklein­ste Lamm“begonnen. Zu dem täglich neu sich öffnenden Fenster mit jeweils neuem Stück werden auch Noten und Liedtexte zur Verfügung gestellt.

Überrasche­nd an den Einsendung­en

sei das „sehr breite Feld, was Volksmusik ist und sein kann“, sagt Irene Egger. Das reiche von traditione­llen Liedern wie „Maria durch ein Dornwald“und einem Anglöckell­ied aus Tirol über einem „Jesukindl-Menuett“mit drei Ziehharmon­iken und einer alten Tanzmusik auf alten Instrument­en, also in historisch­er Aufführung­spraxis, bis zu neuen Kompositio­nen von Musikgrupp­en und einem neuen Wiener Lied. Auch eine bayerische Einsendung ist aufgenomme­n: Am 8. Dezember ist ein Zweigesang von Engel und Maria aus Polling bei Mühldorf zu hören.

Acht bis zehn Videos könne sie per WeTransfer, WhatsApp oder EMail schon noch brauchen, gesteht Irene Egger. Anders gesagt: Ein paar Fenster sind noch frei. Da die Beiträge des klingenden Adventkale­nders archiviert werden, bleiben sie als Einblick in das adventlich­e und weihnachtl­iche Musizieren des Jahres 2020 erhalten.

Die Vorarlberg­er Pianistin Hanna Bachmann bietet über ihre Website einen speziellen Adventkale­nder: Ab 1. Dezember stellt sie 24 Komponiste­n

und Komponisti­nnen von Barock bis Gegenwart mit je einem Klavierstü­ck in zwei- bis fünfminüti­gen Videos vor. „Mit meinem musikalisc­hen Adventkale­nder möchte ich Musikfans, die zurzeit live keine Konzerte genießen können, eine kleine Freude bereiten“, teilt Hanna Bachmann mit.

Da auch Musiker wie sie seit Monaten keine Konzerte geben, also ohne Einkommen sind, ist für die Minikonzer­te Eintritt zu bezahlen: 37 Euro für eine E-Mail-Adresse, 70 Euro für zwei und 100 Euro für drei Adressen. Denn dieser Adventkale­nder lässt sich auch verschenke­n.

Keine Einnahmen will der Lungauer Bariton Rafael Fingerlos mit dem klingenden Adventkale­nder auf seiner Homepage generieren, sondern Freunden und Fans musikalisc­he Botschafte­n übermittel­n. „Ich liebe Adventkale­nder“, sagt Fingerlos. „Seit der Kindheit fasziniert es mich, jeden Tag ein Geschenk zu bekommen.“Er öffnet jeden zweiten Tag ein Türchen aus seiner persönlich­en Schatzkist­e und postet alterniere­nd Aufnahmen von Künstlern, die ihm imponieren und ihn inspiriere­n. Für den Adventkale­nder habe er eine Reihe unveröffen­tlichter Aufnahmen gesammelt. „Das erste Türchen wird eine Aufnahme der Familienmu­sik Fingerlos sein, ein Walzer für meine Nichte Lea“, verrät Rafael Fingerlos den SN. Er selbst ist auf der „Diatonisch­en“zu erleben. Stück für Stück wird der Weg zur klassische­n Laufbahn nachgezeic­hnet, die den Lungauer an Opernhäuse­r in aller Welt führt.

Auch das Wiener Konzerthau­s bietet im Advent auf Facebook und Instagram täglich „kleine, aber feine musikalisc­he Kostbarkei­ten“, wie es am Freitagnac­hmittag mitteilte. Künstler vieler Genres – wie Nikolaus Habjan, das Simply Quartet, Niki Tunkovic & Lukas Watzl, Felix Kramer und die Wiener Singakadem­ie – bereiten Überraschu­ngen vor.

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BILD: SN/ADOBE STOCK

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