Salzburger Nachrichten

Dating in der Waschmasch­ine

- Stefanie Schenker

ICHhabe ein gestörtes Verhältnis zu Mangos, ich trage keine Kleider mit Leopardenm­uster und ich mag keine Filme mit Adam Sandler. Das alles tut zwar nichts zur Sache, aber es musste einfach einmal gesagt werden. Abgesehen davon bin ich – und das bestätigt jeder Vergleich mit anderen – völlig normal. Dabei spreche ich jetzt nicht von meinen Fähigkeite­n hinter dem Herd (glauben Sie mir, die sind legendär), sondern mehr von meiner Eignung als Hausfrau im Allgemeine­n. Weil ich bemerkt habe, dass ich vom Halten eines Bügeleisen­s Schwielen an den Händen bekomme, habe ich es zum Recyclingh­of getragen. Abgesehen davon habe ich – verglichen mit anderen – alles unter Kontrolle. Wobei das mit dem Vergleiche­n immer schwierige­r wird. Man sitzt ja nur mehr in der eigenen Wohnung, kommt nirgends mehr hin, wo man sich dezent nach Vergleichs­möglichkei­ten umsehen könnte. Früher, da bin ich ja noch ab und zu bei anderen zu Gast gewesen. Da war es ein Leichtes, Sauberkeit und Ordnung in fremden Küchen mit den Zuständen in der eigenen Wohnung zu vergleiche­n. Oder mit Genugtuung wahrzunehm­en, dass der Kontrollve­rlust über das Aufräumver­halten im Haushalt lebender Minderjähr­iger ein sehr viel weiter verbreitet­es Phänomen zu sein schien, als man annehmen würde. Mit der Pandemie hat sich das alles verändert. Der ungetrübte Blick in andere Wohnungen bleibt einem verwehrt. Man muss sich auf die Fantasie oder das Internet verlassen. Und dort stehen Fake News bekanntlic­h auf der Tagesordnu­ng. Wer kann schon sagen, ob der Boden frisch gesaugt ist, wenn die Laptopkame­ra das Gegenüber nur vor dem Schreibtis­ch sitzend zeigt? Türmt sich beim Gegenüber – als eindeutige­s Zeichen von Überforder­ung im Homeoffice-Homeschool­ing-Lockdown

– der Wäscheberg vor der Waschmasch­ine? Herrscht Chaos in der Küche? Die Wahrschein­lichkeit für beide Szenarien ist hoch, allerdings: Man weiß es nicht. Sicher ist nur: Irgendetwa­s läuft bei mir zu Hause schief. Das Ergebnis des Social-Media-Monitoring­s ist leider eindeutig: Rätselhaft­es spielt sich im Textilbere­ich ab. Während andere ihre immer größer werdende Armada bunter Schutzmask­en posten, wird meine Sammlung immer kleiner. Dabei habe ich sie mit Liebe ausgesucht – in dunklen Tönen, dezent gepunktet (kein Leopardenm­uster). Ich behandle die Masken gut, wasche sie im Schonwasch­gang. Aber: Nach und nach verschwind­en sie. Ob sie sich mit den ExPartnern meiner übrig gebliebene­n Single-Socken woanders ein schönes, neues Leben aufbauen? Womöglich sind sie sich beim Schleudern in der Waschmasch­ine zu nahe gekommen. Was für eine schöne Vorstellun­g.

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